Krise & Chance März2023

Krise Chance präsentiert von März 2023 Neues zu Restrukturierung und Insolvenz Handeln, wenn das Glas noch halb voll ist

-RWSPZIR^[IPPI FPIMFX KER^ EYW -RWSPZIR^[IPPI OSQQX RSGL RMGLX 9QJVEKI ,IVFWX 9QJVEKI *IFVYEV -RWSPZIR^[IPPI MR EFWILFEVIV > InsolvenzWelle oder keine InsolvenzWelle? Unternehmen stehen angesichts der Vielzahl an Krisen, die sich die Klinke in die Hand geben, weiterhin vor großen Herausforderungen – aktuell und auch perspektivisch. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass sich die Insolvenz-Zahlen nach drei Corona-Jahren mit umfassenden staatlichen Hilfsmaßahmen nun wieder dem Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019 annähern. Die vielfach erwartete Insolvenzwelle zeichnet sich aber bislang nicht ab. Das zeigt sich auch im Vergleich zweier Umfragen von Schultze & Braun unter den LinkedIn-Followern der Kanzlei. Gingen im September 2022 noch 86 Prozent der Teilnehmenden davon aus, dass die Insolvenzwelle im Herbst oder (etwas) später kommt, teilen diese Einschätzung im Februar 2023 nur noch 65 Prozent. 30 Prozent gehen davon aus, dass die Insolvenzwelle nicht 2023 (Herbst 2022: 7 Prozent) kommt. 4 Prozent sind der Meinung (Herbst 2022: 7 Prozent), dass die Insolvenzwelle sogar ganz ausbleibt. Unabhängig von einer Insolvenzwelle gilt: Unternehmer und Geschäftsleiter, die ihr Geschäftsmodell anpassen müssen, um künftig erfolgreich zu sein, sollten auch eine Neuaufstellung mit Hilfe der Instrumente des Insolvenzrechts zumindest als Option sehen. Ticker

Die ersten beiden Monate des Jahres 2023 liegen bereits hinter uns. Auch wenn der wirtschaftliche Ausblick für das Gesamtjahr inzwischen etwas positiver ist als noch zum Jahresende 2022 sehen sich Unternehmen weiterhin mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Zum Teil haben ganze Branchen immer noch mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie zu kämpfen. Eine dieser Branchen ist das Brauwesen. Mein Kollege Dr. Jürgen Erbe ist Insolvenzverwalter der Privatbrauerei Bischoff. Im Titel-Beitrag dieser Ausgabe erläutert er, warum die Situation gerade für kleine und mittlere Brauereien schwierig ist, er aber trotzdem nicht mit einer Insolvenzwelle im Brauereisektor rechnet und wie Brauereien mit der angespannten Marktsituation umgehen können. Die Entwicklung der Insolvenz-Zahlen zeigt zumindest zu Jahresbeginn keine Anzeichen für die von vielen erwartete Insolvenzwelle. Mit dem Blick auf das Gesamtjahr geht die Mehrheit der Teilnehmenden unserer LinkedIn-Umfrage allerdings davon aus, dass die Insolvenzwelle in diesem Jahr kommen wird. Mehr zu den Ergebnissen – auch im Vergleich zur Umfrage im Herbst 2022 – lesen Sie in den Meldungen dieser Ausgabe. Unabhängig davon wie hoch es ausfällt: Ein Mehr an Insolvenzen führt zu einem Mehr an Kreditausfällen. Im Interview sprechen mein Kollege Dr. Ludwig J. Weber und Jürgen Sonder, der Präsident der Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing darüber, was Banken machen können, um möglichen Kreditrisiken frühzeitig und proaktiv zu begegnen. Zudem erläutern die beiden Transaktions-Experten die Option eines Verkaufs von Portfolios aus Non Performing Loans, kurz NPLs, und zeigen, worauf Verkäufer und Käufer bei solchen Transaktionen achten sollten. Achten sollten Geschäftsleiter im Fall einer Krise ihres Unternehmens auf die zahlreichen Haftungsrisiken, die sich bei Zahlungen nach der Insolvenzreife ergeben können. Mein Kollege Thomas Dömmecke stellt in seinem Beitrag ein richtungsweisendes Urteil des Amtsgerichts Ludwigshafen dar, das auch ein Schlaglicht auf das SozialversicherungsDilemma wirft, in dem sich Geschäftsleiter im Krisenfall bewegen. Ich wünsche Ihnen eine informative und aufschlussreiche Lektüre, Ihr Tobias Hirte OSQQX >IMX ? e d i t o r i a l

Ticker Zwei Jahre intensiver Aufarbeitungs-Arbeit seit dem Fremdinsolvenzantrag Mitte Januar 2021 haben sich für die Gläubiger der AKA Imex letztendlich im wahrsten Sinne des Wortes ausgezahlt. Insolvenzverwalter Christoph Sorg von Schultze & Braun konnte die beteiligten Krankenkassen und das Finanzamt nun darüber informieren, dass sie ihre Forderungen zu 100 Prozent bezahlt bekommen – gerade mit dem Blick auf die Herausforderungen im Verfahren keine Selbstverständlichkeit. Weitere Gläubiger wurden im Verfahren mit Drittmitteln ausgezahlt. Geschäftsgegenstand von AKA Imex war es, europäische Produkte (u.a. Möbel oder Drogerieartikel) nach Usbekistan und Tadschikistan zu importieren. Neben einem hohen Anteil an Bargeld im Verfahren, dessen Besitzverhältnisse geklärt werden mussten, wurden Möbelstücke für die Insolvenzmasse requiriert, die bei einer anderen Gesellschaft gelagert waren. Positiv für die Insolvenzmasse war zudem, dass ein Guthaben, das laut Buchhaltung existierte, über den Geschäftsführer eingezahlt wurde – nicht nur, aber eben gerade auch durch den NachforschungsEinsatz des Insolvenzverwalters und seines Teams. Am 25. Januar 2023 hat das Amtsgericht Mainz das Insolvenzverfahren über das Vermögen der North Channel Bank eröffnet. Dr. Dietmar Haffa von Schultze & Braun wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Nach dem Insolvenzantrag der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vom 19. Januar 2023 war Haffa bereits als vorläufiger Insolvenzverwalter tätig. Im Fokus seiner Arbeit steht die Sicherung des vorhandenen Vermögens der Bank im Rahmen des geordneten gesetzlichen Insolvenzverfahrens. Die Einlagen der Kunden sind im Rahmen des Einlagensicherungsgesetzes geschützt. Mit der Feststellung des Entschädigungsfalles durch die BaFin am 25. Januar ist die Voraussetzung gegeben, dass die Entschädigungseinrichtung die Ansprüche der Einleger prüft und bis zu einer Höhe von 100.000 Euro befriedigt. Der Geschäftsbetrieb der Bank ist nach dem Moratorium der BaFin vom 12. Januar 2023 geschlossen. Banken-Insolvenz

Die Alte Posthalterei in Zusmarshausen kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Mit der Übernahme durch den bekannten Augsburger Gastronomen und Hotelier Ilir Seferi hat seit dem 1. Februar 2023 ein weiteres Kapitel begonnen. An diesem Tag haben Constantin Graf SalmHoogstraeten von Schultze & Braun als Insolvenzverwalter und der Dipl.-Gastronomie- und Hotelbetriebswirt (IST) den Übernahmevertrag unterzeichnet. „Dass uns eine solche Übernahme- und Fortführungslösung in knapp zwei Monaten gelungen ist, ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit und dem Einsatz und dem Engagement aller Beteiligter zu verdanken“, sagt Graf Salm-Hoogstraeten. Im Anschluss an die Vertragsunterzeichnung fand im Rahmen der Neueröffnung die Vorstellung des neuen Konzepts für Hotel und Restaurant statt. 100%-Quote trotz schwieriger Bedingungen Weiteres Kapitel Foto: .www.posthalterei.com

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Handeln, wenn das Glas noch halb voll ist

Im vergangenen Jahr ist der inländische Absatz alkoholhaltiger Biere nach der Berechnung des Statistischen Bundesamtes trotz „Jahrhundertsommer“ nur auf 7,2 Milliarden Liter angestiegen – fünf Prozent weniger als im letzten „Vor Corona-Jahr“ 2019. Allerdings immerhin vier Prozent mehr als im historisch schwachen Jahr 2021, in dem Gaststätten und Hotels über Wochen und Monate hinweg geschlossen waren und Volksfeste abgesagt wurden. Kurzum: Die Situation für Brauereien ist alles andere als einfach. Faktor Fassbier „Gerade die Jahre 2020 und 2021 waren für kleinere und mittlere Brauereien eine besondere Herausforderung, da bei ihnen der Absatz von Fassbier den überwiegenden Teil des Umsatzes ausmacht“, sagt Die seit dem Beginn der Corona-Pandemie seit inzwischen drei Jahre andauernde Multi-Dauerkrise trifft gerade kleine und mittlere Brauereien besonders. Dr. Jürgen Erbe von Schultze & Braun, der Insolvenzverwalter der Privatbrauerei Bischoff erläutert, warum er nicht mit einer Insolvenzwelle im Brauereisektor rechnet und wie Brauereien mit der angespannten Marktsituation umgehen können. T i t e l

Dr. Jürgen Erbe. „Diese Corona-Durststrecke hängt vielen Brauereien immer noch nach – hat die Pandemie doch den ohnehin seit knapp zehn Jahren andauernden Rückgang beim Bierabsatz noch verstärkt.“ Umso größer seien daher nun die Auswirkungen der steigenden Preise für Energie und Rohstoffe auf die Brauereien, so der Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht. „Mitunter sind Rohstoffe aber nicht nur teuer, sondern auch überhaupt nicht verfügbar. Kohlensäure ist das beste Beispiel.“ Hinzu komme, dass die Zahl der Brauereien seit 2012 um rund 150 angewachsen sei. „Größerer Wettbewerb trifft auf eine rückläufige Nachfrage. Das ist in keiner Branche gesund“, fasst Erbe die Situation zusammen. Sandwich-Brauereien Kleine und mittlere Brauereien befinden sich in einer ungünstigen Sandwich-Position. Einerseits müssen sie sich mit den großen Wettbewerbern messen, deren Marken bundesweit in den Super- und Getränkemärkten präsent sind, und sie stehen in Konkurrenz zu den lokalen Hausbrauereien. Andererseits sind kleine und mittlere Brauereien nicht groß genug, um gegenüber dem Handel aufgrund der steigenden Kosten für Energie und Rohstoffe notwendige Preiserhöhungen verhandeln zu können. Denn die Herstellung von Bier ist energie- und kostenintensiv. Und: In Zeiten hoher Inflation achten auch Biertrinker stärker auf den Preis und ihre Markentreue tritt in den Hintergrund. „Alleinstellungsmerkmale wie Tradition und regionale Identität helfen in dieser alles andere als einfachen Situation sicherlich, aber allein reichen sie nicht mehr aus“, so Erbe. Hinzu kommt mit dem Blick auf die Mitte des Jahres eine weitere Herausforderung: Die anstehende Prüfung und mögliche Rückzahlung von Corona-Überbrückungshilfen. „Den 30. Juni müssen sich alle Unternehmen, die Corona-Hilfen erhalten haben, rot im Kalender anstreichen. Denn bis dahin müssen sie die sogenannte Schlussabrechnung einreichen“, sagt Erbe. „Angesichts der Multi-Dauerkrise kommt dies für viele Brauereien zur denkbar ungünstigsten Zeit.“ Die Frist zu ignorieren ist allerdings auch keine Lösung – in diesem Fall sind die Hilfen in voller Höhe zurückzuzahlen. Neue Wege aus der Krise Fakt ist: Brauereien müssen sich auf harte Zeiten vorbereiten. „Ich bin mir sicher, dass wir auch die eine oder andere Insolvenz erleben werden. Dabei sind wir aber von einem Brauerei-Sterben zum Glück noch weit entfernt“, sagt Erbe. Das zeigen auch die Zahlen von STP: Während der Corona-Pandemie hat es im Brauerei-Bereich nicht mehr Insolvenzen gegeben als vor der Pandemie. „Das belegt eindrucksvoll, wie anpassungsfähig die Brauereien sind, und dass sie es immer wieder schaffen, neue Wege aus der Krise zu finden.“ Rechnung mit dem Wirt machen Der Experte rät Brauereien, eine Restrukturierung oder Sanierung am besten dann anzugehen, wenn sie noch Reserven haben. Denn eine notwendige Anpassung an veränderte Marktbedingungen ist immer mit Kosten verbunden – und dabei muss es sich nicht immer um eine Anpassung der Produktionskapazitäten oder der Belegschaft handeln. Auch die Einführung einer neuen Marke oder Bierart ist aufwändig und teuer. „Wichtig ist: Auch ein Insolvenzantrag bedeutet nicht automatisch das Ende einer Brauerei. Rechtzeitig gestellt kann er – vor allem, wenn er professionell vorbereitet ist – vielmehr die Chance auf einen Neuanfang darstellen. Das gilt für das sogenannte Regelverfahren, aber gerade auch für eine Sanierung in Eigenverwaltung oder in einem Schutzschirmverfahren. Entscheidend ist jedoch, Risiken möglichst frühzeitig zu erkennen und ihnen so frühzeitig wie möglich durch Restrukturierungsmaßnahmen zu begegnen und ihnen entgegenzuwirken

Thema Kreditrisiken bei der Unternehmensfinanzierung zu begegnen, gewinnt für Banken an Bedeutung – eine Option ist der Verkauf von NPL-Portfolios. Im Interview erläutern Dr. Ludwig Weber und Jürgen Sonder, worauf Verkäufer und Käufer bei NPL-Transaktionen achten sollten. Herr Sonder, Herr Dr. Weber, welche Entwicklung sehen Sie bei Non Performing Loans, kurz NPL? Sonder: Das aktuelle NPL-Barometer, das wir mit der Frankfurt School of Finance & Management erheben, zeigt, dass die Risikomanagerinnen und -manager in den deutschen Banken mit einem Anstieg von Kreditausfällen kalkulieren. Bis Ende 2024 erwarten sie ein NPL-Volumen von 38,1 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Aktuell sind es rund 30 Milliarden Euro. Weber: Die Ergebnisse des NPL-Barometers decken sich mit der Entwicklung der Insolvenz-Zahlen. Fakt ist: Ein Mehr an Insolvenzen führt zu einem Mehr an Kreditausfällen. Die Daten von STP zeigen im Vergleich von 2021 mit 5.750 eröffneten Insolvenzen von Kapital- und Personengesellschaften zu 2022 mit 6.311 Verfahren einen Anstieg von rund zehn Prozent – ein Trend, der sich 2023 fortsetzen dürfte, Vorteile für Verkä auch wenn die Zahl der Insolvenzanträge im Januar im Vergleich zum Dezember dem Statistischen Bundesamt zufolge zunächst um rund drei Prozent zurückgegangen ist. Für Banken wächst das Risiko von Kreditausfällen. Welche Optionen gibt es für sie? Sonder: Um möglichen Kreditrisiken frühzeitig und proaktiv begegnen zu können, ist Vorsorge das A und O – die Qualifizierung und Konzentration des Risikomonitorings und des Risikocontrollings auf die gefährdeten Kreditportfolios haben absolute Priorität. Um eventuelle Klippeneffekte zu verhindern, ist bei der ersten Zahlungsschwierigkeit eine unmittelbare Aktion erforderlich. Der Verkauf von gekündigten Kreditportfolios an Investoren stellt eine effektive Alternative im NPL-Management dar. Den Unternehmensfinanzierern und besonders Banken hilft der Verkauf unter anderem, ihre Bilanz zu bereinigen, und sie generieren Liquidität, da sie zumindest einen Teil der notleidenden Forderungen aus den NPLs realisieren. Weber: Für die Käufer von NPL-Portfolios ist der mögliche Discount auf die notleidenden Forderungen ein Anreiz. Letztlich geht es ihnen um eine risiDie Interviewpartner: Dr. Ludwig J. Weber ist Experte für Unternehmensfinanzierung und -sanierungen bei der Kanzlei Schultze & Braun. Er berät unter anderem Finanzierer und Investoren bei der Bewertung von Kreditportfolios und bei NPL-Transaktionen. Jürgen Sonder ist Präsident der Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing, Vorsitzender des Senior Advisory Board der Intrum Gruppe in Deutschland und Mitglied des Beirats des Frankfurter Instituts für Risikomanagement und Regulierung (FIRM). Er ist seit über 35 Jahren in der Finanzdienstleistungsbranche tätig und initiierte und verantwortete Transaktionen über mehrere Milliarden Euro.

Transaktionen abgesichert sein und dahingehend dokumentiert werden, dass der Übergang der Forderungen beziehungsweise die Inhaberschaft des neuen Eigentümers eindeutig nachgewiesen werden kann. Zudem ist es essenziell, dass während des gesamten Prozesses alle formellen Anforderungen beachtet werden. Sonder: Besonders der Investor sollte aber auch die steuerlichen Aspekte bei NPL-Transaktionen nicht unterschätzen. So stellt sich beim Erwerb von notleidenden Krediten von Gesellschaften im Ausland die Frage, ob mit dem Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, ein Doppelbesteuerungsabkommen existiert oder nicht. Denn davon hängt unter anderem ab, wo der Sitz der übernehmenden Gesellschaft des Investors aus steuerlicher Sicht angesiedelt sein sollte. Welche Bedeutung haben NPL-Transaktionen generell? Sonder: NPL-Transaktionen leisten einen wichtigen Beitrag zur Finanzmarktstabilität. In den letzten Jahren, selbst während der Corona-Pandemie, konnten die NPL-Bestände in europäischen und deutschen Kreditinstituten Schritt für Schritt abgebaut werden. Wichtig ist, dass Kreditkäufer, Servicing-Unternehmen, Banken, aber auch die Regulierer bei der Bearbeitung von NPLs weiterhin wie bislang Hand in Hand arbeiten. Weber: Auf Banken, aber auch auf die Investoren kommen allerdings künftig mehr Informations- und Dokumentationspflichten zu. Die Kreditdienstleister-Richtlinie der EU muss bis Ende Dezember 2023 in nationales Recht umgesetzt werden. koadäquate Rendite für ihre Investoren. Die Käufer treten durch den Erwerb in die Position eines Gläubigers ein und können so Einfluss auf die Sanierungsbemühungen des Schuldnerunternehmens nehmen. Sie können sich dann aber auch an ihm beteiligen – etwa über einen Debt Equity-Swap oder einen Insolvenzplan. Oder sie greifen auf Sicherheiten zu, mit denen die notleidenden Forderungen besichert sind. Worin sehen Sie den ausschlaggebenden Erfolgsfaktor bei NPL-Transaktionen? Sonder: Der ausschlaggebende Erfolgsfaktor bei solchen Transaktionen für Verkäufer und Käufer sind die Ertragschancen für die entsprechenden Portfolios, die durch eine individualisierte und spezialisierte Kreditbearbeitung ermöglicht werden. Um die Ertragschancen und darauf basierend den Preis für die NPL-Portfolios zu ermitteln, ist eine umfassende Due Diligence-Prüfung sinnvoll. Weber: Dabei werden die Forderungen an sich und die aus ihnen resultierenden tatsächlichen und rechtlichen Chancen und Risiken bewertet. Der Faktor Zeit spielt in diesem Zusammenhang eine nicht unerhebliche Rolle. Die beiden entscheidenden Fragen sind: In welchem Zeitraum muss die Transaktion für den Verkäufer über die Bühne gehen? Wie schnell will oder muss der Investor seine erworbenen Forderungen unter dem Gesichtspunkt der Refinanzierung realisieren? Worauf sollten Verkäufer und Käufer im Zuge der Transaktion achten? Weber: Eine praxisnahe Regelung für die gegenseitigen Kooperations- und Informationspflichten zu finden ist für beide Seiten wichtig. Zudem sollten die äufer und Käufer

Sozial- versicherungsbeiträge sind keine Steuern Thema Geschäftsleiter haften nach § 15b der InsO grundsätzlich für Zahlungen der Gesellschaft nach Insolvenzreife. Mitte Dezember 2022 hat das Amtsgericht Ludwigshafen mit einer Entscheidung (3a IN 389/22) ein Schlaglicht auf dieses für Geschäftsleiter mit zahlreichen Risiken und Herausforderungen verbundene Feld geworfen. Thomas Dömmecke von Schultze & Braun ordnet die Entscheidung ein, die – auch wenn es sich dabei „nur“ um eine Amtsgerichts-Entscheidung handelt – für Geschäftsleiter eine große Bedeutung hat. Unser Seminartipp Sie möchten mehr zur Organ- und Beraterhaftung erfahren? Im Seminar am 05.07.23 mit den BGH-Richtern Born und Schoppmeyer erfahren Sie alles Wichtige zum Insolvenz- und Gesellschaftsrecht. Inklusive der neuesten Urteile des BGH aus erster Hand!

„Anders als von vielen angenommen, stellt das Amtsgericht in seiner Entscheidung klar: Die gesetzliche Ausnahmeregelung für Steuerzahlungen in § 15b InsO gilt nicht auch für Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung – und das nicht obwohl, sondern gerade weil der Gesetzgeber aus Sicht des Amtsgerichts von dem Dilemma wusste, vor dem Geschäftsleiter einer insolvenzreifen Gesellschaft in Bezug auf Steuern und Sozialversicherungsbeiträge stehen“, fasst Dömmecke, der auf die Abwehr von krisen- und insolvenzspezifischen Haftungssachverhalten spezialisiert ist, die Entscheidung zusammen. Das Sozialversicherungs-Haftungsdilemma Oder anders formuliert: Geschäftsleiter müssen sich nach der Entscheidung des AG Ludwigshafen bewusst sein, dass Sozialversicherungsbeiträge keine Steuern sind – und das auch aus Sicht des Gesetzgebers so ist. Das Gericht kommt in seiner Entscheidung zu dem Schluss, dass der Gesetzgeber das Haftungs-Dilemma der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung mit dem 2022 geschaffenen steuerrechtlichen Ausweg (§ 15b Abs. 8 InsO) offenbar gerade nicht mitregeln wollte. „Mit seiner Entscheidung gibt das Gericht bei der Geschäftsleiterhaftung eine erste Richtung bei der Anwendbarkeit der Neuregelung in § 15b InsO vor“, sagt Dömmecke. „Für Geschäftsleiter hält diese Richtung allerdings anders als von vielen erwartet und wohl auch erhofft, keine Erleichterung bereit: Sie sitzen, was die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung betrifft, weiterhin zwischen den Stühlen und stehen bei § 15b InsO vor dem Sozialversicherungs-Haftungsdilemma.“ Pest und Cholera § 15b InsO beinhaltet für Geschäftsleiter ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko: Begleicht eine insolvente Gesellschaft eine berechtigte offene Verbindlichkeit, kann ein später eingesetzter Insolvenzverwalter vom Geschäftsleiter verlangen, dass er den Betrag erstattet – und das aus eigener Tasche. Eine solche Haftung kann sehr schnell existenzbedrohende Ausmaße annehmen. „Gleichzeitig ist ein Geschäftsleiter jedoch nach Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht für die pünktlichen Abgaben an Fiskus und Sozialversicherung verantwortlich und auch hierfür persönlich haftbar – es ist also durchaus die Wahl zwischen Pest und Cholera“, erläutert Dömmecke. Wenn ein Geschäftsleiter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung nicht abführt, droht ihm sogar ein Strafverfahren. Bei der Verletzung steuerrechtlicher Abführungspflichten drohte ihm zudem ein Ordnungswidrigkeitsverfahren. „Die Vergangenheitsform ist im steuerlichen Bereich bewusst gewählt“, sagt Dömmecke. „Denn der Gesetzgeber hat 2022 mit § 15b Abs. 8 InsO zumindest einen steuerrechtlichen Ausweg geschaffen. Danach haftet der Geschäftsleiter dann nicht nach steuerrechtlichen Vorschriften, wenn er fällige Zahlungen an den Fiskus unterlässt, aber noch rechtzeitig Insolvenzantrag stellt.“ Stichhaltig und stilbildend Der Annahme, diese Ausnahme zugunsten des Geschäftsleiters sei auch auf seine sozialversicherungsrechtlichen Pflichten anzuwenden, hat nun aber das Amtsgericht Ludwigshafen mit seiner Entscheidung eine Absage erteilt, indem es auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut verweist. „Zwar handelt es sich `nur´ um eine Amtsgerichts-Entscheidung, das Argument ist aber stichhaltig und kann stilbildend für weitere Entscheidungen sein“, ordnet Dömmecke ein. Geschäftsleitern rät er: Nicht nur, aber eben gerade auch dann, wenn ihr Unternehmen in einer Krise steckt, sind Geschäftsleiter gut beraten, sich professionelle Hilfe zu holen – für ihr Unternehmen, aber auch, um sich vor einer möglicherweise existenzbedrohenden Haftung zu schützen.“

T e r m i n e März 2023 Betriebliche Altersversorgung in der Insolvenz 10.03.2023, online Cash-Pooling, EAV & Unternehmensverträge 23.03.2023, online Update Insolvenzanfechtungsrecht 27.03.2023, online Erfolg durch Fokus und Konzentration 27.03.2023, online Die Eigenverwaltung nach SanInsFoG und IDW S9 2022 29.03.2023, online Insolvenzrecht: intensiv und kompakt 30.03.2023, online Führen ohne Vorgesetztenfunktion 30. – 31.03.2023, online

April 2023 Insolvenz & Sanierung im Automotive 04.04.2023, online Assistenz 4.0 plus - digital. online. genial. 19.04.2023, online 3x6 Praxisworkshop zur Unternehmenssanierung 20.04.2023, online Selbst- und Task-Management 4.0 24.04.2023, online Grundbuch und Zwangsversteigerung 24. – 26.04.2023, online Professionelle Liquiditätsplanung in Krise und Insolvenz 25.04.2023, online Grundstücksverwaltung in der Krise 26.04.2023,online Leasing & Insolvenz 27.04.2023, online Bilanzanalyse in Sanierungs- & Insolvenzfällen 27.04.2023, online

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