Krise & Chance Juni 2023

Krise Chance präsentiert von Juni 2023 Neues zu Restrukturierung und Insolvenz Anfechtung vs. Kleinbeteiligtenprivileg

Ticker Der 30. Juni rückt mit großen Schritten näher – besonders für Unternehmen, die sogenannte CoronaÜberbrückungshilfen erhalten haben, ist dieser Stichtag von großer Bedeutung. Denn fast drei Jahre nach dem Start der Überbrückungshilfe I steht nun bei vielen krisengebeutelten – aber auch bei insolventen – Unternehmen die Überprüfung und die mögliche Rückzahlung von gewährten Hilfen an. Bis 30. Juni 2023 müssen alle Unternehmen, die Überbrückungshilfen erhalten haben, eine Schlussabrechnung einreichen oder eine Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 2023 beantragen. Wichtig ist: Die Schlussabrechnung muss zwingend von einem prüfenden Dritten abgegeben werden, also einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer. Die prüfenden Dritten sind es auch, die die Fristverlängerung bis Ende 2023 beantragen können, die automatisiert genehmigt werden soll. Unabhängig von einer möglichen Fristverlängerung gilt jedoch: Den Stichtag 30. Juni oder 31. Dezember zu reißen ist nicht ratsam. Warum das der Fall ist, erläutern Dr. Elske Fehl-Weileder von Schultze & Braun und Stefan Schwindl von der MTG Wirtschaftskanzlei für (nicht insolvente) Unternehmen und Insolvenz- und Eigenverwalter. Der 30. Juni rückt näher

Eine Bauernregel für den Monat Juni besagt: „Menschensinn und Juniwind ändern sich oft sehr geschwind“. Oder anders formuliert: Eines ist beständig – die Veränderung. Das trifft auch auf die JuniAusgabe von Krise & Chance zu, in der wir uns gleich mit mehreren Veränderungen beschäftigen und sie für Sie einordnen, liebe Leserinnen und Leser. Meine Kollegen Dr. Ludwig J. Weber und Rüdiger Bauch erläutern im Interview die Veränderungen, die eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum sogenannten Kleinbeteiligtenprivileg für Kleingesellschafter in Familienunternehmen, Konzernen oder Start Ups, aber auch für Insolvenzverwalter hat. Denn Gesellschafter mit Beteiligungen von bis zu zehn Prozent dürfen sich nach dieser Entscheidung zumindest allein wegen der Höhe ihrer individuellen Beteiligung nicht mehr sicher vor einer Anfechtung fühlen. Eine weitere Entscheidung des Bundesgerichtshofs – dieses Mal mit Veränderungen für GmbH-Geschäftsführer – stellt mein Kollegen Thomas Dömmecke dar. Die Richter des II. Senats haben unlängst gleich zwei Fragen mit großer Relevanz für Kommanditgesellschaften und die Geschäftsführer einer GmbH höchstrichterlich entschieden, die die Geschäfte in mehreren Kommanditgesellschaften führen und damit die Haftung der GmbH-Geschäftsführer in solchen Gesellschafts-Konstruktionen deutlich verschärft. Diese Veränderung ist besonders für den Bereich der geschlossenen Fonds relevant: Dort ist es durchaus üblich, dass eine GmbH für die Geschäfte dutzender KGs zuständig ist – mit einem entsprechend hohen Haftungsrisiko für die GmbH-Geschäftsführer. Eine mitunter Millionen Euro-umfassende Veränderung ihrer finanziellen Situation droht so manchem Unternehmen, das während der Corona-Pandemie gezwungen war, seine Mitarbeitenden in Kurzarbeit zu schicken. Meine Kollegen Alexander von Saenger und Joachim Zobel gehen in ihrem Beitrag auf die grundsätzlich notwendigen Überprüfungen und die mögliche Rückforderung von zum Teil vor drei Jahren erhaltenem Kurzarbeitergeld ein, die für die betroffenen Unternehmen ein nicht unerhebliches finanzielles Risiko bergen. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen zumindest einen Teil des erhaltenen Kurzarbeitergeldes zurückzahlen muss, ist sehr hoch. Anhand der drei Themen in dieser Ausgabe sehen Sie, liebe Leserinnen und Leser, dass trotz aller Veränderung eines Bestand hat: Wie immer liefern wir mit Krise & Chance hochaktuelle Themen mit großer Relevanz, die meine Kollegen und ich für Sie einordnen. Ich wünsche Ihnen eine unverändert interessante und aufschlussreiche Lektüre, Ihr Tobias Hirte e d i t o r i a l

Ticker Vor rund einem Jahr sorgte die Entscheidung des Landgerichts München für Schlagzeilen, die Bilanzen von Wirecard für 2017 und 2018 nachträglich für nichtig zu erklären. Der Insolvenzverwalter des Zahlungsabwicklers und Finanzdienstleisters kann auf dieser Basis gezahlte Dividenden von gutgläubigen Aktionären nach § 134 InsO (Schenkungsanfechtung) zurückfordern. Der Bundesgerichtshof hat nun ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main bestätigt, das die Anfechtung von aktienrechtlichen Dividendenzahlungen generell erleichtert. Die Auswirkungen für Aktionäre, Kommanditaktionäre und Insolvenzverwalter Anfechtung von aktienrechtlichen Dividendenzahlungen gener Das Vermeiden der Zahlungsunfähigkeit zur Chefsache machen Den USA droht schon bald – Medienberichten könnte es Anfang Juni soweit sein – die Zahlungsunfähigkeit. US-Präsident Joe Biden hat es zu seiner Chefsache gemacht, eine Einigung im Streit zwischen Demokraten und Republikanern über ein erneutes Anheben der Schuldengrenze zu erzielen und die Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. Auch Geschäftsleiter von Unternehmen sollten das Vermeiden der Zahlungsunfähigkeit zur Chefsache machen – gerade weil ein Anheben der Schuldengrenze für sie ausgeschlossen ist und ihnen eine strafrechtliche und zivilrechtliche Haftung droht. Grundsätzlich gilt: Kann ein Unternehmen seine fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen, liegt die Zahlungsunfähigkeit – bislang der mit Abstand häufigste Grund für Insolvenzanträge – vor. In einem solchen Fall greift die Insolvenzantragspflicht und ein Geschäftsleiter ist dazu verpflichtet, innerhalb der gesetzlichen Frist – in der Regel drei Wochen – einen Insolvenzantrag zu stellen. Stefan Höge, Dr. Dirk Herzig und René Schmidt von Schultze & Braun erläutern, worauf Geschäftsleiter, aber auch Sanierungsberater und Insolvenzverwalter im Zusammenhang mit der Zahlungsunfähigkeit achten sollten.

Rund zehn Jahre lang war es so, dass die Anzahl der Scheidungen und die Anzahl der Insolvenzen Hand in Hand einen Abhang hinunterschritten. Doch nun geht es bei den Insolvenzen seit geraumer Zeit wieder bergauf – auch wenn im April 2023 nach den vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes weniger Regelinsolvenzen beantragt wurden als im März. Fakt ist: Scheidungen und Insolvenzen haben sich voneinander gelöst und gehen getrennte Wege. Sich voneinander lösen und getrennte Wege gehen, kommt aber auch in der Geschäftswelt vor. Ein Anlass kann etwa sein, dass ein Beteiligter einer geschäftlichen Partnerschaft einen Insolvenzantrag stellt. In der Regel lässt sich eine oder beide Parteien in Verträgen für solche Fälle eine Klausel als Trennungsoption festschreiben, eine sogenannte insolvenzabhängige Lösungsklausel, die in vielen Branchen gang und gäbe ist. Worauf bei diesen Klauseln gerade auch angesichts einer aktuellen BGH-Entscheidung zu achten ist, erläutern Ludwig J. Weber und Thomas Dömmecke von Schultze & Braun in ihrem Beitrag in der April-Ausgabe. rell erleichtert Steigende Insolvenz- zahlen sorgen für zunehmenden Vorsorgebedarf hat Prof. Dr. Andreas J. Baumert von Schultze & Braun bereits im vergangenen Jahr auf Basis der OLG-Entscheidung in seinem Beitrag in der Oktober-Ausgabe dargestellt und eingeordnet.

Anfechtung Kleinbeteilig T i tel

vs. gtenprivileg

Herr Weber, Herr Bauch, im Fokus der unlängst veröffentlichten BGH-Entscheidung steht das sogenannte Kleinbeteiligtenprivileg im Fokus. Bevor wir zur Entscheidung kommen: Was besagt das Privileg? Bauch: Grundsätzlich ist es so, dass ein Insolvenzverwalter im Fall einer Insolvenz einer haftungsbeschränkten Gesellschaft nach § 135 und § 143 der Insolvenzordnung Rückzahlungen auf Gesellschafterdarlehen fordert, die die Gesellschafter im letzten Jahr vor der Insolvenz zurückerhalten haben. Noch offene Darlehensforderungen eines Gesellschafters gegen die insolvente Gesellschaft sind dann nachrangig, weshalb der oder die Gesellschafter in der Insolvenz oftmals leer ausgehen. Weber: Ein Insolvenzverwalter kann die Rückzahlung auf ein Gesellschafterdarlehen allerdings nicht anfechten, wenn die Beteiligung eines Gesellschafters an der insolventen Gesellschaft kleiner als zehn Prozent ist und er keine Geschäftsführungsfunktion wahrnimmt. In solchen Fällen griff bislang ohne weiteres das Kleinbeteiligtenprivileg nach § 39 Absatz 5 InsO, sodass offene Darlehensforderungen eines KleinGesellschafters nicht nachrangig sind. Sie sprechen von „bislang“. Ist das nun nicht mehr so? Weber: Zumindest nicht mehr uneingeschränkt, denn der BGH legt in seiner Entscheidung fest, dass eine Anfechtung trotz des Kleinbeteiligtenprivilegs möglich ist, wenn die Beteiligungen mehrerer Gesellschafter auf der Grundlage einer koordinierten Finanzierung zusammengerechnet werden können. Im Fall, um den es vor dem BGH ging, waren laut der Entscheidung die wechselseitige Verpflichtung zur Stellung und Aufrechterhaltung der Finanzierungsbeiträge und die Vereinbarung eines Innenausgleichs im Rahmen einer Konsortialvereinbarung der Gesellschafter sowie die Bestellung einer gemeinsamen Sicherheit ausschlaggebend. Dr. Ludwig J. Weber und Rüdiger Bauch von Schultze & Braun ordnen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Az. IX ZR 85/21) zum sogenannten Kleinbeteiligtenprivileg ein. Im Interview erläutern sie die Auswirkungen für Insolvenzverwalter und sprechen darüber, warum die Entscheidung für Familienunternehmen, Start-Ups, Konzerne und Banken eine besonders große Bedeutung hat. Unser Seminartipp Nutzen Sie diese Expertenrunde „Insolvenz- und Gesellschaftsrecht“ am 05.07.23 zum Dialog mit BGH-Richtern zu aktuellen insolvenz- und gesellschaftsrechtlichen Themen. Jetzt informieren! T i tel

Bauch: Die Karlsruher Richter bejahten basierend auf dieser Konstellation eine Anfechtbarkeit der gewährten Sicherheiten der Gesellschafter für ihre Darlehen nach § 135 InsO. Für Insolvenzverwalter bedeutet das: Um die Frage „Kommt die Anfechtbarkeit auch gegenüber einzelnen Gesellschaftern mit einer Beteiligung von weniger als zehn Prozent des Gesamtkapitals in Frage?“ zu beantworten, muss geprüft werden, inwieweit sich mehrere Klein-Gesellschafter, die gemeinsam aber mehr als zehn Prozent des Gesellschaftskapitals ausmachen, zu einer gemeinsamen koordinierten Finanzierung des Schuldnerunternehmens abgestimmt hatten. Also eine zusätzliche Anfechtungsmöglichkeit? Bauch: Ja, Gesellschafter mit Beteiligungen von bis zu zehn Prozent dürfen sich nun zumindest allein wegen der Höhe ihrer individuellen Beteiligung nicht mehr sicher vor einer Anfechtung fühlen. Im Umkehrschluss sollten gerade Gesellschafter in Familienunternehmen oder Start-Ups die BGH-Entscheidung zum Anlass nehmen, ihre GesellschafterStrukturen auf mögliche Anfechtungsrisiken zu überprüfen. Denn in solchen Unternehmen erfolgt die Finanzierung oftmals auf Grundlage von im Gesellschafterkreis abgestimmten Entscheidungen oder auf Grundlage von Gesellschaftervereinbarungen, so dass eine koordinierte Finanzierung im Sinne der BGH-Rechtsprechung vorliegen dürfte. Die Risiken beschränken sich aber nicht auf Familienunternehmen und Start-Ups. Wo gibt es Ihrer Ansicht nach weitere risikobehaftete Gesellschafterstrukturen? Weber: Die BGH-Entscheidung kann zum einen auch für finanzierende Banken Auswirkungen haben, wenn sie etwa im Rahmen einer Treuhand als QuasiGesellschafter agieren. Anfechtungsrisiken und mit dem Blick auf das Kleinbeteiligtenprivileg und die aktuelle BGH-Entscheidung relevante Fälle dürfte es zum anderen aber auch in so manchem historisch gewachsenen Konzern geben – zum Beispiel mit einem Grunderwerbsteuer-Hintergrund. So wurden beispielsweise bis zur Grunderwerbsteuerreform zum 1. Juli 2021 bei dem ein oder anderen Unternehmen parallele Gesellschafterstrukturen etabliert, bei der einer von zwei Gesellschaftern im Rahmen eines Unternehmenskaufs einen Anteil von mehr als fünf, in der Regel aber unter zehn Prozent an einer Immobiliengesellschaft erwarb, um so den Anfall von Grunderwerbsteuer zu vermeiden. Im Zuge der Grunderwerbsteuerreform wurde die Schwelle für die Beteiligungsgrenze bei sogenannten Share Deals und auch bei Anteilsvereinigungen von 95 Prozent auf 90 Prozent herabgesetzt. Das Kleinbeteiligtenprivileg findet jedoch – wenn überhaupt – nur bei Beteiligungen von bis zu zehn Prozent Anwendung.

Thema Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer unlängst veröffentlichten Entscheidung gleich zwei Fragen mit großer Relevanz für Kommanditgesellschaften (KG) und die Geschäftsführer einer GmbH höchstrichterlich entschieden, die die Geschäfte in mehreren KGs führen. Thomas Dömmecke von Schultze & Braun ordnet die Entscheidung und ihre Auswirkungen im Interview ein. Deutlich verschärfte Haftung für GmbH-Geschäftsführer Herr Dömmecke, welche beiden Fragen hat der BGH mit seiner Entscheidung beantwortet? Dömmecke: Es ging zum einen darum, ob abweichend von der gesetzlichen Regel auch ein Kommanditist anstelle des Komplementärs die Geschäfte einer KG führen kann. Zum anderen hat der BGH die Frage beantwortet, wie es sich auf die Pflichten und die Haftung des Geschäftsführers einer GmbH auswirkt, die die Geschäfte der KG führt, wenn die GmbH diese Stellung gleich bei mehreren KGs inne hat. Wie hat der BGH die Frage des geschäftsführenden Kommanditisten entschieden? Dömmecke: Der BGH hat bestätigt, dass – anders als im Gesetz vorgesehen – auch der Komplementär von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden und ein Kommanditist an seine Stelle gesetzt werden kann. Dies muss aber entsprechend im Gesellschaftsvertrag geregelt werden. An der unbeschränkten Haftung des Komplementärs ändert eine solche Regelung allerdings nichts. Unser Seminartipp Online-Seminar „Update Insolvenzanfechtungsrecht“ am 24. November 2023. Bei diesem Seminar erhalten Sie ein Update zu allen wichtigen Neuerungen, die in Bezug auf die Insolvenzanfechtung wichtig sind. Dabei profitieren Sie von einem erstklassigen Referenten, dem ehemaligen BGH-Richter Prof. Dr. Markus Gehrlein.

Und wie hat der BGH die zweite Frage beantwortet? Dömmecke: Die Karlsruher Richter haben nun zum ersten Mal höchstrichterlich entschieden, dass der Geschäftsführer einer GmbH, die die Geschäfte mehrerer KGs führt, bei sorgfaltswidriger Geschäftsführung grundsätzlich persönlich von jeder einzelnen geschädigten KG in Anspruch genommen werden kann. Durch seine Klarstellung hat der BGH die Haftung der GmbH-Geschäftsführer, die für zahlreiche KGs zuständig sind, deutlich verschärft. Inwieweit ist das eine Neuerung? Dömmecke: Das hängt mit der besonderen Gesellschafts-Konstruktion zusammen. Grundsätzlich ist es so: Eine GmbH, die die Geschäfte einer KG führt, handelt durch ihre Geschäftsführer. Diese haften der GmbH nach Maßgabe des § 43 GmbHG gegenüber für Sorgfaltspflichtverletzungen. Es war anerkannt, dass diese GmbH-rechtliche Haftung dann auch auf eine KG ausgeweitet wird, wenn es alleinige Aufgabe der GmbH ist, deren Geschäfte zu führen. Die KG konnte sich in einem solchen Fall unmittelbar an den Geschäftsführer halten. Umstritten blieb bislang, ob der GmbH-Geschäftsführer auch dann einer KG nach § 43 GmbHG haftet, wenn seine GmbH die Geschäfte mehrerer KGs führt und er in nur einer von ihnen sorgfaltswidrig einen Schaden verursacht. Das hat der BGH nun geklärt. In welchem Bereich führt eine GmbH die Geschäfte mehrerer KGs? Dömmecke: Eine solche Gesellschafts-Konstruktion ist zum Beispiel im Bereich geschlossener Fonds weit verbreitet. Dort ist es durchaus üblich, dass eine GmbH für die Geschäfte dutzender KGs zuständig ist – mit einem entsprechend hohen Haftungsrisiko für die GmbH-Geschäftsführer. Für sie ist die nun ergangene Entscheidung besonders relevant. Der BGH hat mit seiner Entscheidung einmal mehr ein Schlaglicht auf die Haftungsrisiken von Geschäftsführern gerichtet. Die betrifft aber auch die Anbieter von D&O-­ Versicherungen. Wieso? Dömmecke: Das zeigt allein der Schadenersatz in Höhe von 200.000 Euro, zu dem der Geschäftsführer im Fall vor dem BGH verurteilt wurde. Der Insolvenzverwalter einer GmbH & Co.KG hatte gegen den Geschäftsführer der geschäftsführenden GmbH geklagt. Die GmbH & Co.KG hatte Anlegergelder eingeworben und diese einer inzwischen ebenfalls insolventen AG als Darlehen zur Verfügung gestellt, die mit den Darlehen wiederum Immobilien erwerben sollte. Bis hierhin ist ja noch alles in Ordnung, oder? Dömmecke: Im Darlehensvertrag war allerdings eine umfangreiche Besicherung vereinbart. Der Insolvenzverwalter der GmbH & Co.KG forderte unter anderem vom Geschäftsführer der GmbH wegen einer Überweisung an die AG anteilig einen Schadensersatz in Höhe von 200.000 Euro. Denn zum Zeitpunkt der Überweisung war – entgegen den Bestimmungen im Darlehensvertrag – von den als Darlehen vergebenen Anlegergeldern in Höhe von etwa 38 Millionen Euro nur ein kleiner Teil werthaltig besichert worden. Die Kommanditgesellschaft (KG) ist, etwa als GmbH & Co.KG, eine weitverbreitete Gesellschaftsform. Anders als in einer Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH oder AG) gibt es immer mindestens einen persönlich unbeschränkt haftendenden Gesellschafter, den Komplementär. Da er mit seinem gesamten Vermögen für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet, fällt ihm nach dem Handelsgesetzbuch auch allein die Geschäftsführungsbefugnis zu. Daneben stehen die Kommanditisten, deren Haftung auf ihre jeweilige Einlage begrenzt ist. Im Gegenzug sind sie durch das Gesetz von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Um das Haftungsrisiko für den Komplementär zu begrenzen, wird dessen Position typischerweise mit einer GmbH besetzt, die ja nur mit ihrem (oftmals überschaubaren) Vermögen haftet. Die KG ist dann eine GmbH & Co. KG.

Das KurzarbeitsDamoklesschwert Thema Der 30. Juni 2023 ist nicht nur mit dem Blick auf die Prüfung und mögliche Rückzahlung der CoronaÜberbrückungshilfen ein wichtiges Datum, er spielt auch beim Thema Kurzarbeitergeld eine große Rolle. Trotz der ausbleibenden wirtschaftlichen Erholung werden die Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld zum 30. Juni 2023 auslaufen. Joachim Zobel und Alexander von Saenger von Schultze & Braun erläutern, warum nach den Erleichterungen für viele Unternehmen beim Thema Kurzarbeitergeld die härteste Prüfung noch bevorsteht.

Von den Erleichterungen bei der Kurzarbeit haben gerade seit Beginn der Corona-Pandemie zahlreiche Unternehmen profitiert und so manches Unternehmen wäre ohne die Option der Kurzarbeit sicherlich nicht mehr am Markt tätig. Eine Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) kam unlängst zu dem Schluss, dass die Stützung der Beschäftigung in der Corona-Krise über das Kurzarbeitergeld sinnvoll war. So sei unter anderem nicht der befürchtete Effekt eingetreten, dass nicht überlebensfähige Unternehmen mit staatlicher Unterstützung durch die Kurzarbeit vorübergehend am Leben gehalten wurden. Es habe keine Insolvenz- oder Entlassungswelle nach der Kurzarbeit gegeben. „Zumindest mit dem Blick auf Insolvenzen könnte eine Kurzarbeits-bedingte Welle allerdings im Nachhinein doch noch folgen“, sagt Joachim Zobel, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Schultze & Braun. „Denn nun stehen die Überprüfungen von beantragtem und bewilligtem Kurzarbeitergeld an.“ Administrativer Aufwand und finanzielles Risiko Angesichts der Multi-Dauerkrise kommen die grundsätzlich notwendigen Überprüfungen für die betroffenen Unternehmen zur denkbar ungünstigsten Zeit. „Die Prüfung bringen nicht nur einen enormen administrativen Aufwand und die Vorlage vieler verschiedener Unterlagen mit sich. Die mögliche Rückforderung von Kurzarbeitergeld birgt für die betroffenen Unternehmen ein nicht unerhebliches finanzielles Risiko“, sagt Alexander von Saenger, ebenfalls Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Schultze & Braun. „Denn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen zumindest einen Teil des erhaltenen Kurzarbeitergeldes zurückzahlen muss, ist sehr hoch.“ Ein Grund dafür ist, dass das Kurzarbeitergeld während der Corona-Pandemie zumeist ohne die üblicherweise im Vorfeld stattfindenden Beratungen der Agentur für Arbeit pauschal bewilligt wurde. „Die Unternehmen haben die erhaltenen Gelder unmittelbar an die Arbeitnehmer in Kurzarbeit ausgezahlt, wodurch ihnen dieses Geld natürlich nicht mehr für eine Rückzahlung zur Verfügung,“ sagt Zobel. „Über so manchem Unternehmen hängt damit ein mitunter Millionen Euro schweres Kurzarbeits-Damoklesschwert.“ Eine Herausforderung für Unternehmen jeder Größe „Unsere Erfahrung aus der Praxis zeigt: Vor allem kleinere und mittlere Unternehmen haben die Prüfungsintensität und das damit verbundene finanzielle Risiko oftmals nicht voraussehen können“, sagt von Saenger, der zusammen mit Zobel bereits mehrere Unternehmen bei der Prüfung von Kurzarbeitergeld beraten und unterstützt hat. „Aber auch Großunternehmen mit eigener Rechtsabteilung haben oftmals nicht die Ressourcen und auch die Zeit, um vor der Durchführung von Kurzarbeits-Prüfungen die notwendigen Vorbereitungen zu organisieren.“ Während der ersten beiden Jahre der Corona-Pandemie – Stichwort Lockdowns – waren Unternehmen aus zahlreichen Branchen dazu gezwungen, ihre Mitarbeitenden in Kurzarbeit zu schicken – etwa Friseure, Restaurants, Hotels, Konzertveranstalter oder Einzelhändler. Kurzarbeitergeld in Milliardenhöhe In Deutschland waren in der Spitze im April 2020 fast sechs Millionen Menschen in Kurzarbeit. Die Bundesagentur hat in den Jahren 2020 bis 2022 insgesamt 45,5 Milliarden Euro für Kurzarbeitergeld auszahlen. „Diese Summe allein zeigt, welche finanzielle Herausforderung in der Prüfung des Kurzarbeitergeldes steckt“, sagt Zobel. Hinzu kommt: Zum Großteil haben die Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden in der Pandemie in Kurzarbeit geschickt haben, immer noch mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie zu kämpfen – von den Verwerfungen der weiteren Krisen wie etwa der Energiekrise und der inflationsbedingten Konsumzurückhaltung vieler Verbraucher ganz zu schweigen. Das Thema Kurzarbeit dürfte der deutschen Wirtschaft also noch eine ganze Weile erhalten bleiben – und Unternehmen tun gut daran, die Prüfung und mögliche Rückzahlung von erhalten Geldern nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.

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