Krise & Chance August 2023

Krise Chance präsentiert von August 2023 Neues zu Restrukturierung und Insolvenz In schwerer See Wie die deutsche Schiffbauindustrie durch stürmische Zeiten navigiert

Ticker Leoni, Gerry Weber, Helma Eigenheimbau – drei Beispiele für Unternehmen, die bei ihrer Restrukturierung auf das StaRUG setzen. Auch wenn es zuletzt mehr StaRUG-Verfahren gibt, scheint das vorinsolvenzliche Verfahren in der Restrukturierungs- und Sanierungsbranche immer noch unterschiedlich betrachtet zu werden. Das legt zumindest das aktuelle Stimmungsbild nahe, das sich aus der LinkedIn-Umfrage ergibt, für die Schultze & Braun sich von Anfang bis Mitte Juli an seine Follower gewandt hat. Im Vergleich zu den beiden bisherigen Umfragen (Anfang bis Mitte April 2023; Jahreswechsel 2022/2023) gibt es unter den (nicht identischen) Teilnehmenden einen leichten Rückgang bei der positiven Sicht auf das StaRUG. 25 % bewerten die Praxistauglichkeit als sehr gut, weitere 25 % als gut. Im April lag der Gesamtwert bei 60 % (sehr gut 10 % oder gut 50 %). Der Anstieg bei der sehr guten Praxistauglichkeit zeigt sich auch bei der gegenteiligen Sichtweise. Je 25 % bewerten die Praxistauglichkeit mit schlecht oder sehr schlecht, wobei sich der „sehr schlecht-Bewertungen“ im Vergleich zur April- und zur Jahreswechsel-Umfrage weiter erhöht hat. StaRUG, quo vadis? 12/2022 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0 % 04/2023 07/2023 Gut Schlecht Sehr schlecht Sehr gut

Wir befinden uns derzeit mitten im sogenannten Hochsommer. In der Zeit von Anfang Juli bis Mitte August werden für gewöhnlich die heißesten Tage mit den höchsten Temperaturen des Jahres erwartet. Höchststände gibt es in diesem Jahr auch bei den Insolvenzen. So hat ihre Zahl in Deutschland zuletzt deutlich zugenommen. Eine Untersuchung des Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) kommt zu dem Ergebnis, dass die Insolvenzen im Juni auf den höchsten Stand seit sieben Jahren gestiegen sind. Mit Blick auf den Juni 2022 liegt die Zahl der Insolvenzen sogar fast 50 Prozentpunkte höher. Aber auch wenn es nach Ansicht des IWH perspektivisch zu einem Rückgang bei den Insolvenzen kommt, bleibt der Handlungsbedarf in vielen Branchen hoch. Nach der Pflegewirtschaft, den Druckereien und der Logistikbranche in der Juli-Ausgabe nehmen wir auch in dieser Ausgabe von Krise & Chance drei Branchen unter die Lupe. Mein Kollege Dr. Ludwig Weber, der an unserem Standort in Bremen tätig ist, beschäftigt sich bereits seit mehreren Jahren mit der Entwicklung der maritimen Wirtschaft in Deutschland. Im Titel-Interview ordnet er die aktuellen Herausforderungen ein – staatlich subventionierte Werften in Asien – allen voran in China – machen den deutschen Schiffbauern und ihren Zulieferern zu schaffen. Zudem zeigt er Möglichkeiten auf, mit denen Unternehmen sich bei finanzieller Schlagseite frühzeitig befassen sollten, um nicht zu kentern. Aber nicht nur auf dem Wasser, auch an Land stehen Unternehmen aus zahlreichen Branchen vor großen Herausforderungen. Nach vielen guten Jahren erlebt etwa die Baubranche nun einen erheblichen Konjunktureinbruch, von dem noch nicht absehbar ist, wie lange er andauert. Mein Kollege Alexander Eggen hat bereits mehrere Bauunternehmen bei ihrer Sanierung begleitet. Er erläutert die Möglichkeiten, die es für sie gibt, um die aktuelle Krise zu meistern. Zusammen mit meinem Kollegen Alexander von Saenger habe ich einen eingehenden Blick auf die Leiharbeitsbranche geworfen, in der sich angesichts eines wegweisenden Urteils des Bundesarbeitsgerichts, aber auch vor dem Hintergrund der Entwicklung der deutschen Wirtschaft gerade einiges tut und die Leiharbeitsunternehmen sich jetzt auf die nächste Krise vorbereiten sollten. Ich wünsche Ihnen eine interessante und aufschlussreiche Lektüre, Ihr Tobias Hirte e d i t o r i a l

Ticker Lange Zeit war es so, dass der 30. Juni 2023 für Unternehmen, aber auch für Insolvenzverwalter, bei der Prüfung und möglichen Rückzahlung der Corona-Überbrückungshilfen eine große Rolle spielte. Am 22. Juni wurde die Frist für die Einreichung der sogenannten Schlussabrechnung bei den Corona-Überbrückungshilfen aufgrund des hohen Antragsaufkommens auf den 31. August 2023 verschoben. Bis dahin müssen alle Unternehmen, die Überbrückungshilfe erhalten haben, eine Schlussabrechnung einreichen oder eine Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 2023 beantragen. Wichtig ist: Die Schlussabrechnung muss zwingend von einem prüfenden Dritten abgegeben werden, also einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer. Die prüfenden Dritten sind es auch, die die Fristverlängerung bis Ende 2023 beantragen können, die automatisiert genehmigt werden soll. Was es für Insolvenz- und Eigenverwalter bei der Schlussabrechnung zu beachten gibt, haben Dr. Elske Fehl-Weileder von Schultze & Braun und Stefan Schwindl von der MTG Wirtschaftskanzlei in der Februar-Ausgabe erläutert. Geschäftsbetrieb veräuSSert Einreichungsfrist verschoben Zum 1. Juli 2023 haben Insolvenzverwalter Dirk Pehl von Schultze & Braun und sein Kollege Dr. Jürgen Erbe den Geschäftsbetrieb des Freiburger Barfußschuh-Spezialisten EOD mit der Barfußschuhmarke Groundies an die Weltbild D2C Group veräußert. „Die Barfußschuhe der Marke Groundies sind eine sehr gute Ergänzung des umfassenden Lifestyle-Angebotes, das die Weltbild D2C Group ihren Kunden bereits heute bietet. Die Weltbild D2C Group hat in den Gesprächen deutlich gemacht, dass sie das Poten-

Dr. Markus Schuster vom Stuttgarter Standort von Schultze & Braun ist zum vorläufigen Insolvenzverwalter der Döbert GmbH bestellt worden. Das 1880 gegründete Familienunternehmen mit Sitz im baden-württembergischen Schwarzach ist Spezialist für hochwertiges Reitzubehör, das zum Teil am Unternehmenssitz hergestellt wird. Döbert vertreibt neben sogenannten Sattlerwaren wie etwa Trensen, Zügeln oder Halftern auch ein umfangreiches Sortiment an Gerten und Peitschen. Ziel des vorläufigen Insolvenzverwalters ist es, eine Übernahme des traditionsreichen Unternehmens und seiner rund 15 Mitarbeitenden durch einen Investor zu erreichen. „Döbert steht seit über 140 Jahren für qualitativ hochwertiges Reitzubehör und beliefert Kunden auf der ganzen Welt mit seinen eigenen Produkten, aber auch mit denen anderer namhafter Hersteller“, sagt Schuster, der bereits mehrere Unternehmen bei ihren Sanierungen begleitet hat. Döbert ist für ihn die Premiere als vorläufiger Insolvenzverwalter. Investor gesucht! Foto: .www.groundies.com/de/ tial von EOD sowie der Marke Groundies erkannt hat. Hier möchte Weltbild ansetzen und die Marke entsprechend weiterentwickeln. Auf diese Weise schafft die Übernahme aus unserer Sicht eine gute Zukunftsperspektive für EOD“, sagen die beiden Sanierungsexperten. Pehl und Erbe hatten den Geschäftsbetrieb von EOD nach dem Insolvenzantrag Ende März 2023 in vollem Umfang weitergeführt. Parallel dazu starteten sie eine Suche nach potenziellen Investoren und führten Gespräche mit mehreren Interessenten.

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werer See Wie die deutsche Schiffbauindustrie durch stürmische Zeiten navigiert

Herr Weber, was sind derzeit die zentralen Herausforderungen der deutschen Schiffbauindustrie? Weber: Definitiv die zunehmende und staatlich stark subventionierte Konkurrenz aus Asien, insbesondere aus China und Südkorea, und die damit einhergehende Konzentration der Produktionsländer auf wenige Anbieter. Der Verband Schiffbau und Meerestechnik, kurz VSM, hat festgestellt, dass 2022 mehr als die Hälfte aller Aufträge für zivile Schiffe nach China vergeben wurden. Weitere fast 40 Prozent der Aufträge erhielten Werften in Südkorea. Damit steigt die Abhängigkeit der europäischen Schifffahrt von diesen Ländern. Was kann das für den Wirtschaftsstandort Deutschland zur Folge haben? Weber: Sollten China und Südkorea weiter so dominant sein, oder Chinas Anteil an der Schiffsproduktion weiter steigen, würde sich die Abhängigkeit der deutschen Schifffahrt von China vertiefen. Darüber hinaus könnte die zunehmende Konzentration der Schiffsproduktion auf China und Südkorea dazu führen, dass europäische und insbesondere deutsche Werften immer weiter ins Hintertreffen geraten. Für viele der rund 130 Werften hierzulande könnte das das Ende bedeuten. Wie kann sich die deutsche Schiffbauindustrie aus dieser Lage befreien? Weber: Zum einen ist da die Möglichkeit, der Branche mehr staatliche Unterstützung in Form von Subventionen oder Finanzierungshilfen zukommen zu lassen. VSM-Geschäftsführer Reinhard Lüken wirbt zu Recht bei der Politik dafür, innereuropäische Seeverkehre verstärkt an heimische Reeder mit Schiffen aus deutschen Werften zu vergeben. Wichtig ist aber aus meiner Sicht, das Problem ganzheitlich anzugehen. Schließlich umfasst die deutsche maritime Wirtschaft nicht nur rund 2.000 Unternehmen mit mindestens 200.000 Beschäftigten. Zusammen mit den Häfen und dem über sie abgewickelten Handel darf man ihre Bedeutung für die Exportnation Deutschland nicht unterschätzen. Die maritime Wirtschaft in Deutschland befindet sich in einer herausfordernden Situation. Staatlich subventionierte Werften in Asien – allen voran in China – machen den deutschen Schiffbauern und ihren Zulieferern zu schaffen. Dr. Ludwig J. Weber vom Bremer Standort von Schultze & Braun ist ein Kenner der maritimen Wirtschaft. Er ordnet im Interview die aktuellen Herausforderungen ein und zeigt Möglichkeiten auf, mit denen Unternehmen sich bei finanzieller Schlagseite frühzeitig befassen sollten, um nicht zu kentern. T i tel

Und was können Unternehmen tun, wenn die erhoffte Unterstützung ausbleibt oder zu spät kommt? Weber: Es ist entscheidend, sich frühzeitig fachkundige Hilfe zu holen, um gemeinsam einen geeigneten Weg aus der Krise zu finden. Und auch eine Insolvenz muss nicht das Ende eines Unternehmens bedeuten, im Gegenteil: Ein professionell vorbereitetes und erfolgreich umgesetztes Restrukturierungs- oder Insolvenzverfahren kann die Basis für einen nachhaltigen Neuanfang sein. In der Praxis werden Insolvenzanträge leider oft zu spät gestellt – bildlich gesprochen: wenn das Wasser schon bis zum Hals steht. Damit sinken die Chancen auf eine Fortführung des Unternehmens. In einer wirtschaftlichen Krise ist es wie auf dem Meer: Wenn ich ein Leck im Rumpf entdecke, muss ich es schnellstmöglich abdichten und die Lenzpumpen anwerfen, sonst gehe ich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit unter. Fakt ist: Die Insolvenz sollte nicht als letzter Ausweg gesehen werden, sondern als realistische Option zur Bewältigung einer Krise und Chance Welche verschiedenen Möglichkeiten bietet das deutsche Insolvenzrecht? Weber: Wenn eine Sanierung erforderlich wird oder unumgänglich ist, kann diese im Rahmen von Insolvenzverfahren entweder als Regel-, Eigenverwaltungs- oder Schutzschirmverfahren erfolgen – häufig in Kombination mit einem Insolvenzplan und dem Ziel, die Gesellschaft zu erhalten. Dann können beispielsweise Geschäftsführer im Amt bleiben und Gesellschafter ihre Beteiligung erhalten. Seit dem 1. Januar 2021 können finanziell getriebene Restrukturierungen auch außerhalb von Insolvenzverfahren und innerhalb weniger Monate im Rahmen von sogenannten StaRUG-Verfahren umgesetzt werden. Wie kann das Ergebnis einer StaRUG-Restrukturierung aussehen? Weber: Ziel eines solchen Verfahrens ist ein außergerichtlicher Vergleich, der in der Regel einen Haircut zu Lasten der Gläubiger und frisches Kapital durch den Gesellschafter und dessen Partner umfasst. Die bestehende Finanzlast des Schuldnerunternehmens wird jedenfalls reduziert. Unabhängig von der Art und Weise wie eine Sanierung erfolgen kann, gilt unserer Erfahrung nach jedoch: Bestehende Schwierigkeiten lassen sich in der Regel durch frühes Handeln vermeiden oder sogar lösen.

Wirtschaftliche S Thema Gerade erst sorgte die Entscheidung des Bundesfinanzministeriums in Berlin für Schlagzeilen, den Erweiterungs-Neubau des Ministeriums mit kalkulierten Kosten in Höhe von 600 bis 800 Millionen Euro noch in der Planungsphase zu stoppen – mit dem Verweis auf mobiles Arbeiten. „Auch wenn weiterhin der Wohnungsbau und nicht der gewerbliche oder der industrielle Bau das Sorgenkind der Baukonjunktur ist, wirft der Fall des Finanzministeriums ein Schlaglicht auf zwei große Probleme der Branche: die steigenden Kosten und die grundlegenden Veränderungen der Arbeits- und Wohnwelt vieler Menschen“, sagt Alexander Eggen von Schultze & Braun. „Unternehmen aus der Baubranche treffen die Kostensteigerungen zudem gleich doppelt: Zum einen durch die steigenden Preise für die Baumaterialien oder die Betriebsmittel für die Maschinen. Zum anderen durch die steigenden Zinsen, wodurch Baufinanzierungen für viele private, aber auch gewerbliche Bauherren unerschwinglich werden.“ Das spiegelt sich auch im starken Rückgang der Genehmigung für Wohneinheiten (WE) wider. So wurden bis April dieses Jahres nach Angaben des Statistischen Bundesamtes fast 33.000 WE weniger als im Vorjahr genehmigt, was einen Rückgang von fast 40 Prozent darstellt. Das geht natürlich auch an den Bauunternehmen nicht spurlos vorüber. Im Frühjahr (bis April) erhielten die rund 35.000 Bauunternehmen in Deutschland nach Angaben ihres Spitzenverbands „Das deutsche Baugewerbe“ nominal 25 und real 35 Prozent weniger Aufträge als vor einem Jahr. Perspektivisch dürfte sich ein Rückgang auch beim Bau von Bürogebäuden einstellen. Nach Angaben des Immobiliendienstleisters Jones Lang LaSalle sind in Deutschland die Büro-Neuvermietungen im ersten Halbjahr im Jahresvergleich um 40 Prozent zurückgegangen. „Fakt ist: Nach vielen guten Jahren erlebt die Baubranche nun einen erheblichen Konjunktureinbruch, von dem noch nicht absehbar ist, wie lange er andauert“, sagt Eggen, der bereits mehrere Bauunternehmen bei ihrer Sanierung begleitet hat. „Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen eine notwendige Restrukturierung oder Sanierung rechtzeitig angehen, denn dann sind noch Reserven da. Wenn Gegenmaßnahmen rechtzeitig eingeleitet werden, bestehen bessere Chancen auf einen erfolgreichen und nachhaltigen Ausgang. Einfach abzuwarten und auf eine baldige Besserung der Baukonjunktur und der wirtschaftlichen Gesamtlage zu setzen, ist keine sinnvolle Strategie.“ Insolvenzantragspflicht nicht ignorieren Trotz der im November des vergangenen Jahres erfolgten Erleichterungen bei der Überschuldung, etwa der verkürzte Prognosezeitraum bei der FortfühWelche Möglichkeiten es für Bauunterneh

Sanierung rungsprognose, gilt die Insolvenzantragspflicht wegen Zahlungsunfähigkeit – bislang mit Abstand der häufigste Grund für Unternehmensinsolvenzen – weiterhin uneingeschränkt. Das heißt: Kann ein Bauunternehmen seine Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen, ist die Geschäftsleitung verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen. „Für Geschäftsführer von Bauunternehmen ist es wichtig, die Antwort auf die Frage `Ist mein Unternehmen noch zahlungsfähig?´ zu kennen. Denn davon hängt für sie einiges ab – etwa, ob sie für Zahlungen persönlich haften oder sogar eine strafbare Insolvenzverschleppung vorliegt. Wichtig ist: Ein Insolvenzantrag bedeutet nicht, dass die Geschichte eines Bauunternehmens damit endet. Ein rechtzeitiger Insolvenzantrag kann vielmehr die Chance auf einen Neuanfang darstellen. Das gilt für das sogenannte Regelverfahren, aber auch für eine Sanierung in Eigenverwaltung oder in einem Schutzschirmverfahren. In diesen beiden Verfahren können sich Bauunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen in eigener Regie sanieren. Die Geschäftsleitung bleibt dabei voll handlungsfähig und wird von einem Sanierungsexperten unterstützt. Beaufsichtigt wird sie von einem Sachwalter, einer Art Aufsichtsrat, der vom Gericht bestellt wird. Restrukturierung ohne Insolvenzverfahren Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, kurz StaRUG, bildet die gesetzliche Grundlage für die sogenannten StaRUG-Restrukturierungen. Seit rund zweieinhalb Jahren können damit Restrukturierungen schneller und gezielter umgesetzt werden – mit einem umfangreichen modularen Baukasten, großen Gestaltungs- und Eingriffsmöglichkeiten und ohne Insolvenzverfahren. „Es zeigt sich: Bauunternehmen, die aufgrund der wirtschaftlichen Herausforderungen in eine wirtschaftliche Schieflage geraten, haben mehrere Möglichkeiten und Verfahren, um Krisen zu meistern: Dieses Ziel wird am besten erreicht, wenn alle Beteiligten wissen, was sie zu tun haben und sich schnell und konsequent an die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst wird“, sagt Eggen. Dazu kann auch gehören, sich auf eine Krise oder eine Insolvenz bei einem Geschäftspartner vorzubereiten. So hat der BGH vor Kurzem entschieden, dass sogenannte insolvenzabhängige Lösungsklauseln grundsätzlich möglich sind – insbesondere dann, wenn darin etwa ein ohnehin bestehendes gesetzliches Recht konkretisiert wird. So ist es etwa im Bauvertragsrecht möglich, einen Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. Die Klausel ist aber nur wirksam, wenn der Vertrag um den Zusatz konkretisiert wird, dass eine Insolvenz einen wichtigen Grund darstellt. hmen gibt, die aktuelle Krise zu meistern.

Thema Auf und Ab „Zu Beginn der Corona-Pandemie mussten viele produzierende Unternehmen ihre Kosten reduzieren. Daher setzten sie unter anderem weniger Leiharbeitskräfte ein, was wiederum für Leiharbeitsunternehmen zu einer existenziellen Bedrohung werden konnte“, sagt Tobias Hirte von Schultze & Braun. Das zeigt eine unlängst veröffentlichte Analyse von STP Business Information, für die alle Insolvenzverfahren von Personen- und Kapitalgesellschaften zwischen Januar 2019 und Ende Mai 2023 unter die Lupe genommen wurden. Im Vergleich zur VorCorona-Zeit gab es nur in einer Branche mehr Insolvenzen als in der „Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften“. Die Untersuchung „Zeitarbeitsunternehmen in Deutschland“ von Lünendonk kommt zum Ergebnis, dass das Wachstum der Branche 2022 knapp zehn Prozent betrug – nach einem Anstieg um 14 Prozent im Jahr 2021 durch den Nachholeffekt nach der Corona-Pandemie. Wirtschaftliche Herausforderungen „Nach dem Wachstum in den vergangenen beiden Jahren deutet sich nun an, dass Leiharbeitsunternehmen vor wirtschaftlichen Herausforderungen stehen“, sagt Hirte. „Das hat zwei Gründe: Zum einen gibt es in der Branche einen Verdrängungswettbewerb, da eine vergleichsweise kleine Zahl an großen Unternehmen fast 32 Prozent des Marktvolumens ausmachen. Das erschwert kleinen und mittleren Unternehmen das Geschäft. Zum anderen nimmt der wirtschaftliche Druck in für Leiharbeitsunternehmen wichtigen Branchen wie dem Automobilsektor weiter zu. „Aber nicht nur wirtschaftlich gesehen ist in der Leiharbeitsbranche derzeit einiges in Bewegung“, sagt Alexander von Saenger von Schultze & Braun. „Ende Mai hat das Bundesarbeitsgericht bestätigt, dass Leiharbeitskräfte für dieselbe Arbeit unter bestimmten Bedingungen schlechter bezahlt werden dürfen als Stammarbeitnehmer des entleihenden Unternehmens. Diese Entscheidung stützt eine zentrale wirtschaftliche Säule der Leiharbeit. Und es ist davon auszugehen, dass die Leiharbeit aufgrund des Fachkräftemangels weiter an Bedeutung gewinnen wird.“ Damit Leiharbeitsunternehmen davon profitieren, müssen sie auf die sich abzeichnende Krise vorbereiten. Der erste Schritt ist, Anzeichen für eine wirtschaftliche Schieflage oder sogar eine existenzielle Bedrohung des Unternehmens möglichst früh zu erkennen. So können rechtzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet werden – etwa auf Basis des sogenannten StaRUG, einer Möglichkeit zur vorinsolvenzlichen Restrukturierung. Verschärfte Regeln „Steht ein Leiharbeitsunternehmen aber bereits kurz

vor der Zahlungsunfähigkeit oder ist diese bereits eingetreten, gelten verschärfte Regeln. Dann ist die Geschäftsleitung verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen“, sagt Hirte, der Erfahrung mit Leiharbeitsunternehmen in Krisensituationen hat. „Wichtig ist: Das Insolvenzrecht bietet Leiharbeitsunternehmen eine große Bandbreite an Sanierungsmöglichkeiten – etwa mit dem Blick auf die Personalkosten, die ja bei Zeitarbeitsunternehmen nicht selten 80 bis 90 Prozent der gesamten Kosten umfassen.“ „Die Löhne und Gehälter der unternehmenseigenen – aber auch die der verliehenen – Mitarbeitenden sind in der Regel bis zu drei Monate lang durch das Insolvenzgeld gesichert“, sagt von Saenger. „Während dieser Zeit haben Leiharbeitsunternehmen also sehr geringe Kosten. Diese Zeit kann daher für die Umstrukturierung und Sanierung genutzt werden.“ Die kann auch in eigener Regie erfolgen. Bei der sogenannten Eigenverwaltung oder in einem Schutzschirmverfahren bleibt die Geschäftsleitung voll handlungsfähig und kann ihr Unternehmen aus finanz- und leistungswirtschaftlicher Sicht sanieren. Weiterer Vorteil: Sowohl Insolvenz- als auch Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren lassen sich mit einem Insolvenzplan abschließen, einer Art gerichtlichem Vergleich mit den Gläubigern. „Durch den Plan bleibt die Gesellschaft – der sogenannte Rechtsträger – des Leiharbeitsunternehmens erhalten. Dies ist insofern von besonderer Bedeutung, da an der Gesellschaft in der Regel die Genehmigungen – also zum Beispiel die AÜG-Lizenz – des Leiharbeitsunternehmens hängen“, sagt Hirte. Subsidiärhaftung im Blick haben Wichtig ist jedoch, dass die handelnden Personen im Rahmen einer Sanierung die Subsidiärhaftung im Blick haben. Wenn die Sozialversicherungsbeiträge für die Leiharbeitskräfte nicht rechtzeitig bezahlt werden, fordern die Krankenkassen diese beim entleihenden Unternehmen ein. Der muss die Beiträge dann aufgrund der Subsidiärhaftung bezahlen und ist als Kunde damit wahrscheinlich passé. „Um das zu vermeiden, bietet sich eine kreative Drittlösung an“, sagt Hirte. Die Sozialversicherungsbeiträge für unternehmenseigene, aber auch die verliehenen Mitarbeitenden sind aber auch besonders relevant, da dem Zeitarbeitsunternehmen unter Umständen die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung entzogen werden kann, wenn diese offen bleiben. Gleiches gilt, wenn Steuerschulden nicht bezahlt werden. Warum sich gerade Leiharbeitsunternehmen auf die nächste Krise vorbereiten sollten

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