Krise & Chance Oktober 2023

Krise Chance präsentiert von Oktober 2023 Neues zu Restrukturierung und Insolvenz Automobilzulieferer am Scheideweg

Ticker Die Bauprojekte der insolventen Projektgesellschaften der PROJECT Immobilien-Gruppe sind nach Einschätzung des vorläufigen Insolvenzverwalters Volker Böhm grundsätzlich fortführungsfähig. Die PROJECT Immobilien-Gruppe sei dazu jedoch personell und finanziell nicht mehr vollumfänglich in der Lage. „Um abzuklären, ob ein Weiterbau in der Insolvenz möglich ist, müssen wir in jedem einzelnen Fall die aktuellen Kosten für eine Fertigstellung klären.“ Dazu sprechen Böhm gemeinsam mit der PROJECT Immobilien-Gruppe derzeit zu sämtlichen Projekten Nachunternehmer für die betroffenen Gewerke an. In Betracht kommt in einigen Fällen auch die Vergabe an Generalunternehmer, die die komplette Fertigstellung übernehmen. Mit einigen Unternehmen laufen bereits konkrete Vertragsverhandlungen. „Grundsätzlich fortführungsfähig“

Ein grünes Ampelmännchen am Tropf, dazu die Überschrift „Ist Deutschland wieder der kranke Mann Europas?“ – so titelte das britische Wirtschaftsmagazin „Economist“ jüngst in einer seiner Ausgaben. „Die deutsche Wirtschaft ist nicht krank – nur leicht außer Form geraten“, antwortete daraufhin Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in eben jenem Magazin. Ohne Zweifel waren die Zeiten für die deutsche Wirtschaft schon einmal leichter. Aber die Herausforderungen sind zu meistern – und das ist auch das Motto der vorliegenden Ausgabe von Krise & Chance. Dafür blicken wir insbesondere auf eine Branche, in der ein gewaltiger Transformationsbedarf besteht. Die Rede ist von einer der zentralen Säulen des deutschen Wirtschaftsmodells: der Autoindustrie. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte hat in einer Marktanalyse herausgefunden, dass nur noch etwas mehr als die Hälfte der Zulieferer als finanziell gesund gelten kann. Wie man mit einer substantiierten Risikobewertung diesem Zustand für das eigene Unternehmen begegnen kann und warum man auch vor einer Sanierung nicht zurückschrecken sollte, erläutern Dr. Philipp Kinzler von Deloitte und mein Kollege Tobias Hartwig im Doppelinterview. Doch wie kann eine gute Sanierung gelingen? Kollege Hartwig hat uns auch hierzu interessante Einblicke gegeben. Seiner Ansicht nach kann ein moderner Ansatz in der Insolvenzverwaltung viel zu einer gelungenen Sanierung beitragen. Moderne Insolvenzverwaltung zeichnet sich durch offenen Austausch, motivierte Teams der Insolvenzverwaltung wie auch des Unternehmens sowie eine überlegte Personalführung aus. Anders ausgedrückt: Der Insolvenzverwalter muss in der Krise mit gutem Beispiel vorangehen und seine eigenen Mitarbeiter, aber auch die des Unternehmens mitreißen. So führt gute Führung zu einer guten Sanierung. Gute Führung ist auch das Stichwort, wenn bei einer Unternehmenssanierung ein Restrukturierungsbeauftragter zum Einsatz kommt, also bei einer Sanierung nach dem StaRUG. Jedoch: DEN EINEN Restrukturierungsbeauftragten gibt es gar nicht, erklärt uns mein Kollege Dr. Dietmar Haffa. Es gibt verschiedene Formen dieses Amtes, und der Restrukturierungsbeauftragte hat – je nach konkreter Ausgestaltung der Sanierung – auch unterschiedliche Rollen und Befugnisse. Insgesamt aber, so lassen sich die Einblicke meines Kollegen sicherlich zusammenfassen, ist der Restrukturierungsbeauftragter so etwas wie ein Sachwalter light. Ich wünsche Ihnen eine interessante und aufschlussreiche Lektüre. Ihr Tobias Hirte e d i t o r i a l

Variata, Hersteller von Automotive-Emblemen, Marken-Emblemen und Technik-Miniaturen für Premiumhersteller der Automobilindustrie, hat Insolvenzantrag gestellt. Holger Blümle prüft als vorläufiger Insolvenzverwalter die Sanierungsoptionen für das Unternehmen. Ziel ist es, eine Fortführungs-Perspektive für das 1968 von Dorit und Dieter Lang gegründete Unternehmen mit Sitz im baden-württembergischen Mühlacker durch einen Investor zu erreichen. Blümle hat unmittelbar nach dem Insolvenzantrag die Investorensuche für Variata gestartet. „Der Einstieg eines Investors ist jedoch notwendig, um den Geschäftsbetrieb von Variata in den nächsten Monaten wirtschaftlich fortführen zu können“, sagt Blümle. Investor nötig Ticker Fortführungslösung Insolvenzverwalter Tobias Hirte ist es gelungen, eine Fortführungslösung für das insolvente BiomasseHeizwerk BIOtherm in Straubenhardt nahe Karlsruhe zu verhandeln. Die Nah Wärme Straubenhardt (NWS) übernahm den Geschäftsbetrieb der BIOtherm zum 12. September 2023. Das Heizwerk versorgt verschiedene Wohngebiete und mehrere Unternehmen in dem 10.000-Einwohner-Ort mit Wärme, die vorrangig aus Hackschnitzeln gewonnen wird. Im Januar 2023 musste die bisherige Betriebsgesellschaft Insolvenzantrag stellen.

Der Caritasverband Breisgau-Hochschwarzwald setzt bei der wirtschaftlichen Neuaufstellung des Verbandes auf ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung. Nachdem die Insolvenz in Eigenverwaltung beim zuständigen Gericht bereits angemeldet wurde, werden die Sanierungsberater der Kanzlei Schultze & Braun um Dr. Dirk Pehl sowie der vorläufige Sachwalter Eike Edo Happe von Eckert Rechtsanwälte innerhalb der kommenden Monate einen entsprechenden Sanierungsplan erarbeiten. Der Sanierungsplan soll den Caritasverband in die Lage versetzen, sämtliche Leistungen des Verbandes im Bereich der Seniorenhilfe und Sozialen Dienste dauerhaft und auf hohem Niveau zu sichern. „Einschränkungen im Umfang und bei der Qualität der Versorgungsleistungen und des Betreuungsangebotes gibt es keine“, betont der Mitte August zum Vorstandsvorsitzenden ernannte Hans-Georg Liegener. Foto: www.variata.de In Eigenverwaltung Unser Seminartipp Sie möchten mehr über die erfolgreiche Sanierung von Krankenhäusern erfahren? Dann sind Sie bei unserem Seminar „Insolvenz und Sanierung von Krankenhausbetrieben“ am 29.11.23 genau richtig!

Automobil am Scheide T i tel

lzulieferer eweg

Herr Kinzler, Herr Hartwig, wie schätzen Sie die Lage und den Handlungsbedarf der deutschen Automobilzulieferer ein? Hartwig: Die Automobilbranche sieht sich einem noch nie dagewesenen Transformationsbedarf gegenüber, dessen Kosten zu großen Teilen durch die Zulieferindustrie getragen werden. Vor allem die mittleren und kleinen Zulieferer haben aber kaum genug finanzielle Rücklagen, um die zukünftigen Herausforderungen der Transformation meistern zu können. Kinzler: Die aktuelle Ausgabe unseres Supplier Risk Monitors zeigt, dass nur 56 Prozent der betrachteten Zulieferer als finanziell gesund gelten können. 13 Prozent weisen sowohl kritische EBIT-Margen als auch eine kritische Verschuldung auf. Angesichts der aktuellen und der perspektivischen Herausforderungen – Zinsniveau, Nachhaltigkeitsanforderungen, alternative Antriebe, um nur drei zu nennen – ist es für die Zulieferer entscheidend, die Unternehmens- und Marktrisiken zu kennen. Denn nur so können sie frühzeitig Gegenmaßnahmen einleiten und ihr Geschäftsmodell zielgerichtet transformieren. Sie sprechen von Unternehmens- und Marktrisiken. Was ist darunter zu verstehen? Kinzler: Die Zulieferer sind aktuell einer Vielzahl unterschiedlich starker Risiken ausgesetzt, die sich in externe – die Marktrisiken – und interne – die Unternehmensrisiken – unterteilen lassen. Externe Risiken sind etwa regulatorische Entwicklungen. Sie haben großen Einfluss auf das Unternehmen, sind aber dem Einfluss des Managements weitgehend entzogen. Interne Risiken hingeben lassen sich hingegen vom Unternehmen beeinflussen. Diese umfassen die Kraft, Cash zu generieren, die Anpassungsfähigkeit und Innovationsfähigkeit sowie die Bonität. Wichtig ist: Innerhalb eines Fahrzeugkomponenten-Clusters sind die externen Risiken für alle Zulieferer gleich, die internen Risiken unterscheiden sich aber individuell und müssen auch entsprechend betrachtet werden. Hartwig: Die individuelle Betrachtung ist aber nicht nur mit dem Blick auf die Risiken, sondern auch bei den Gegenmaßnahmen von besonderer Bedeutung – gerade dann, wenn die finanziellen Rücklagen aufgebraucht sind. Vor allem mit dem Blick auf die Nachhaltigkeit der Sanierung sollte die passende Form dafür für jedes Unternehmen immer individuell geprüft werden. Wie nachhaltig sind Sanierungen mit Hilfe des Insolvenzrechts? Hartwig: Sowohl das Regelinsolvenzverfahren als auch die Eigenverwaltung und das Schutzschirmverfahren stehen für nachhaltige Unternehmenssanierungen. Das zeigt die Untersuchung, für die wir als Schultze & Braun im Frühjahr 2022 den Zeitraum von fast zehn Jahren bis zur Insolvenzrechtsreform 2012 unter die Lupe genommen haben. Allerdings ist und bleibt eine Sanierung auch mit den Möglichkeiten des Insolvenzrechts alles andere als ein Selbstläufer und auch kein Allheilmittel. Wenn die Strategie für den Neustart fehlt, steht man wirtschaftlich gesehen bald wieder mit dem Rücken zur Wand. Die Automobilzuliefererindustrie steht bereits seit Jahren unter enormem wirtschaftlichem Druck. War es lange Zeit jedoch so, dass der Druck zyklisch zu- und wieder abnahm – es also einen Ausgleich gab – haben die internen wie externen Risiken in den letzten Jahren sehr stark zugenommen – und das nicht nur rein zahlenmäßig, sondern auch in ihrer jeweiligen Bedeutung. Dr. Philipp Kinzler von Deloitte und Tobias Hartwig von Schultze & Braun erläutern im Interview, welche Möglichkeiten es für Automobilzulieferer gibt, aktuelle und perspektivische Herausforderungen zu meistern. T i tel

Kinzler: Bei der Ausrichtung der Strategie – unabhängig davon, ob im Anschluss an eine Sanierung oder davor – spielt die strukturierte Bewertung der Risiken eine essenzielle Rolle. Es ist dementsprechend unerlässlich, einen kontinuierlichen und systematischen Ansatz zur deren Überwachung und Bewertung zu etablieren. Das setzt eine strukturierte Methodik voraus, die es möglich macht, Risiken frühzeitig und ganzheitlich zu erkennen und darauf mit den richtigen Gegenmaßnahmen zu reagieren. Zu nennen sind hier neben den erforderlichen Kostensenkungsmaßnahmen auch strategische Partnerschaften beispielwiese im Bereich F&E, Diversifikation in neue Geschäftsbereiche oder vice versa die Veräußerung von Unternehmensteilen oder des ganzen Unternehmens. Welche Cluster haben die größten Risiken? Kinzler: Die größten externen Risiken gibt es im Bereich Verbrennungsmotor. Dieser Bereich ist mit einem sinkenden Marktvolumen, einer hohen Marktkonsolidierung und starken negativen Auswirkungen seitens der Gesetzgebung konfrontiert. Das höchste interne Risiko haben wir hingegen im Achsen-Cluster festgestellt, das von geringer Profitabilität und schlechten Bilanzstrukturen gekennzeichnet ist. Fast alle Cluster, die als traditionelle Technologien bezeichnet werden – also etwa Fahrzeugrahmen, -körper oder Achsen verzeichnen einen Anstieg der internen und externen Risiken. Zulieferer dieser Technologien befinden sich an einem entscheidenden Scheideweg: Sie müssen Maßnahmen ergreifen, um ihre internen Schwächen zu beheben und sich für ein zukünftig noch schwierigeres Marktumfeld zu positionieren. Hartwig: Wer an seinem Auto ein Leck im Tank entdeckt, wird schnell die nächste Werkstatt aufsuchen und nicht warten, bis der gesamte Sprit ausgelaufen ist. Bei ihrer Profitabilität und Liquidität sollten Zulieferer es daher auch so machen: In die Werkstatt, solange noch Reserven da sind und auch ein Insolvenzverfahren zumindest als Option ansehen. Denn so hart es klingt: Zu spät kann in diesen Zeiten das „totale Aus“ bedeuten! Zur Realität gehört zwar auch, dass eine Insolvenz ist wie eine Vollbremsung. Die kann aber, wenn sie kontrolliert geschieht, dabei helfen, dass ein Zulieferer wirtschaftlich nicht vor die Wand fährt, sondern die Abzweigung in Richtung des veränderten Marktes doch noch nehmen kann. Tobias Hartwig, MBA, ist Diplom-Wirtschaftsjurist (FH) und leitet bei Schultze & Braun die Standorte Hannover und Braunschweig. Er wird regelmäßig von Gerichten in Niedersachsen, Brandenburg und Berlin als Insolvenzverwalter bestellt und hat mit seinem Team bereits zahlreiche Unternehmen unterschiedlicher Größe erfolgreich bei ihren Sanierungsverfahren begleitet. Hartwig ist zusammen mit Rüdiger Bauch von Schultze & Braun Initiator und Leiter der jährlich stattfindenden Automotive Recovery Conference (AutoReCon). Dr. Philipp Kinzler, ist Teil des Leadership-Teams von Deloitte Turnaround & Restructuring. Er verantwortet als Partner die Services im Bereich Operative Restrukturierung sowie Value Creation / Performance Improvement. Seit inzwischen mehr als 20 Jahren berät er Kunden unterschiedlicher Größe mit Schwerpunkt auf Transformationsprojekten mit leistungswirtschaftlichem Hebel. Nach der Konzepterstellung werden die Potenziale häufig gemeinsam mit dem Kunden in die Tat umgesetzt. Philipp Kinzler koordiniert auf europäischer Ebene die Restrukturierungsaktivitäten von Deloitte im Bereich Automotive (OEM und Supplier).

Der moderne Insolvenz- verwalter Thema Ein Insolvenzverwalter muss bei seiner Tätigkeit viele Rollen einnehmen. Und da er regelmäßig unter hohem Zeitdruck arbeiten muss, sollte er die Antwort auf die Frage „Wer bin ich und wenn ja wie viele?“ schnell parat haben. „Ein Insolvenzverwalter muss Stratege, Organisator, Unternehmensführer und Controller in einer Person sein“, sagt Tobias Hartwig von Schultze & Braun. Der Diplom-Wirtschaftsjurist (FH) wird regelmäßig von Gerichten in Niedersachsen, Brandenburg und Berlin als Insolvenzverwalter bestellt und hat mit seinem Team bereits zahlreiche Unternehmen unterschiedlicher Größe erfolgreich bei ihren Sanierungsverfahren begleitet. „Zusätzlich zur insolvenzrechtlichen Spezialisierung und dem notwendigen betriebswirtschaftlichen Fachwissen sind aber auch umfangreiche Spezialkenntnisse gefragt, um Lösungen für die Unternehmen zu erarbeiten, um deren Existenz es geht.“ Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen nimmt zu. So gab es im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum rund 20 Prozent mehr Insolvenzanträge. Die Arbeit für Insolvenzverwalter wird also zunehmen – Grund genug, einen Blick darauf zu werfen, was einen modernen Insolvenzverwalters ausmacht. Denn das Geschäft muss mit der Zeit gehen – und das gilt auch für die Insolvenzverwaltung.

Chance auf den Neustart Fakt ist: Der Management-orientierte Ansatz eines modernen Insolvenzverwalters bedingt, dass das eigene Team und er eine funktionierende Einheit bilden. Ein Insolvenzverwalter benötigt aber nicht nur juristische, sondern vor allem auch betriebswirtschaftliche Fachkenntnisse. „Er muss Strukturen schnell durchdenken und auch anhand der gegebenen Umstände verändern und für eine Zukunftsperspektive ausrichten können“, sagt Hartwig. „Dafür sind ein funktionierendes Team und eine motivierte Mitarbeiterschaft unerlässlich – die auch der Belegschaft und dem Management des insolventen Unternehmens vermitteln, dass eine Insolvenz nicht zwingend das Ende eines Unternehmens ist, sondern die Chance auf einen Neustart darstellen kann.“ Gleichzeitig gilt: Wer als Insolvenzverwalter die Kultur und -werte eines Unternehmens prüft und bei Bedarf neu definiert, sollte im eigenen Team eine Unternehmenskultur gebildet haben und diese auch leben. Denn nur wenn klar sei, in welche Richtung alle gemeinsam gehen sollen, seien die Weichen für einen Management-orientierten Sanierungsansatz richtig gestellt, so der Sanierungsexperte. Offener Austausch Unabdingbar dafür ist zunächst eine offene Kommunikation im eigenen Team. Jeder Arbeitsbereich hat eigene Ziele, die aufeinander abgestimmt und transparent kommuniziert werden sollten. „Eine stabile interne Kommunikation und ein offener Austausch über alle Bereiche helfen“, sagt Hartwig. „Doch um eine Kommunikationsverdünnung zu vermeiden, ist es außerdem hilfreich, die Kompetenzen der einzelnen Mitarbeitenden genau festzulegen. So kann eine Hierarchie geschaffen werden, die das Delegieren bereichspezifischer Themen ermöglicht.“ Wichtig ist die Deutungshoheit – in einer Sanierung, aber auch im eigenen Team: Genaue Arbeitsanweisungen legen Kompetenzen fest. Aber auch der „kurze Dienstweg“ sollte gelebt und gefördert werden, um hierarchiebedingte Unzulänglichkeiten und Sackgassen ausgleichen oder sogar zu vermeiden. Motivation des Teams Fest steht, dass eine transparente Kommunikation für Effizienz und Vertrauen innerhalb des Teams des Insolvenzverwalters, aber auch in der Belegschaft und dem Management des insolventen Unternehmens sorgt. Eine weitere wichtige Rolle spielt eine effiziente und motivierende Führung. Voraussetzung dafür sei eine offene Feedbackkultur – nicht nur, aber eben gerade auch im Team des Insolvenzverwalters, sagt Hartwig. Jeder Mitarbeitende, dies betrifft natürlich auch den Insolvenzverwalter selbst, sollte kritikfähig sein. Positive Anreize können das Mitarbeitervertrauen und damit die Kritikfähigkeit erhöhen. Zu beachten ist, dass – wie in jedem Job – eine gute Bezahlung allein aber nicht ausreicht, um die Bedürfnisse des Teams zu befriedigen. Das Gesamtpaket und das Arbeitsumfeld müssen stimmig sein. Personalführung Idealerweise übt ein Insolvenzverwalter seine Autorität nicht nur von Amts wegen aus, sondern weil er die nötige Fachkompetenz besitzt. Hinzu sollte ein entsprechendes Charisma als Führungsperson kommen. Bei gut ausgebildeten und erfahrenen Mitarbeitern ist dann ein kooperativer Führungsstil die beste Lösung: das Team kann auf Augenhöhe im Sinne und zum Wohle der Mandanten agieren. „Die Zusammenarbeit mit den eigenen Mitarbeitern und denen der Unternehmen sollte vertrauensvoll ablaufen, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Dies funktioniert jedoch nur, wenn das Team des Insolvenzverwalters und er selbst dem kriselnden Unternehmen als Vorbild einer funktionierenden Einheit dient“, fasst Hartwig zusammen.

Thema Sachwalt Die Fälle Leoni und Gerry Weber haben ein Schlaglicht auf das StaRUG gerichtet. Neben den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten bei finanziellen Restrukturierungen gibt es im StaRUG auch Positionen, die es in keinem anderen Verfahren gibt – etwa die eines Restrukturierungsbeauftragten. „Den einen Restrukturierungsbeauftragten gibt es aber eigentlich gar nicht“, sagt Dr. Dietmar Haffa von Schultze & Braun, der in mehreren StaRUG-Restrukturierungen als Restrukturierungsbeauftragter tätig war und ist. Vielmehr habe diese Position zahlreiche Facetten, und es gebe unterschiedliche Wege, auf denen ein Restrukturierungsbeauftragter in einer StaRUG-Restrukturierung eingesetzt werden kann, so Haffa. „Entweder setzt das Gericht einen Restrukturierungsbeauftragten ein – quasi von Amts wegen – oder das Schuldnerunternehmen oder die Gläubiger schlagen ihrerseits einen Kandidaten als Restrukturierungsbeauftragten vor.“ Die Möglichkeiten ähnelten also denen bei der Bestellung eines Sachwalters. Es ist jedoch immer so, dass ein Restrukturierungsbeauftragter – auch wenn es sich beim StaRUG um ein außergerichtliches Restrukturierungsverfahren handelt – vom Gericht bestellt wird. Notwendiger und fakultativer Restrukturierungsbeauftragter Wird der Restrukturierungsbeauftragte von Amts wegen vom Gericht bestellt, trägt er den Titel „Notwendiger Restrukturierungsbeauftragter“. „Da die Gründe, aus denen das Gericht einen solchen Restrukturierungsbeauftragten einsetzen muss, bei der Mehrzahl der StaRUG-Restrukturierungen zum Tragen kommen dürfte, ist davon auszugehen, dass in StaRUG-Restrukturierungen in der Regel ein notwendiger Restrukturierungsbeauftragter eingesetzt wird“, sagt Haffa. Liegt kein zwingender gesetzlicher Grund für einen notwendigen Restrukturierungsbeauftragten vor, kann dennoch ein Restrukturierungsbeauftragter auf Vorschlag der Gläubiger oder des Schuldnerunternehmens eingesetzt werden. In diesem Fall handelt es sich um einen „fakultativen Restrukturierungsbeauftragten“. Das Gericht kann in beiden Fällen (Vorschlag des Unternehmens oder Vorschlag der Gläubiger) den Kandidaten nur ablehnen, wenn er für die Übernahme des Amtes offensichtlich ungeeignet ist. So unterschiedlich wie die Art und die Bedingungen für die Bestellung sind auch die Aufgaben eines

Restrukturierungsbeauftragten. „Als notwendiger Restrukturierungsbeauftragter sind sie qua Gesetz umfangreicher als die eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten, der i.d.R. eine moderierende Funktion hat und die Verhandlungen zwischen den Beteiligten fördern soll“, sagt Haffa. Zentrale Figur Die konkreten einzelnen Aufgaben weist das Gericht dem Restrukturierungsbeauftragten zu. So kann es dem Restrukturierungsbeauftragten explizit die Befugnis übertragen, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu prüfen und die Restrukturierung zu überwachen. „Dabei muss der Restrukturierungsbeauftragte im Blick haben, ob es Umstände gibt, aufgrund derer die StaRUG-Restrukturierung aufgehoben werden sollte“, erläutert Haffa. „Darüber hinaus übernimmt ein Restrukturierungsbeauftragter eine leitende Funktion bei der Abstimmung über den Restrukturierungsplan, der Prüfung der Forderungen und der Klärung der Stimmrechte.“ Der Restrukturierungsbeauftragte sei somit in einer StaRUG-Restrukturierung eine zentrale Figur und agiere im Prinzip wie ein Sachwalter light, fasst Haffa zusammen. „Das liegt hauptsächlich daran, dass ein Restrukturierungsbeauftragter im Vergleich zu einem Sachwalter über weniger Rechtsmacht verfügt. Die Herausforderung ist, dieses Delta an Rechtsmacht durch ein Mehr an Moderation, Einfühlungsvermögen und Kommunikation auszugleichen.“ Liquidität entscheidend Wichtig ist, dass ein Restrukturierungsbeauftragter auch die Unterschiede zwischen einer StaRUGRestrukturierung zu einer Eigenverwaltung oder Regelinsolvenz im Blick hat. So ist es bei einer StaRUG-Restrukturierung anders als in einer Insolvenz nicht möglich ist, in Verträge einzugreifen und sie zu beenden. Zudem steht kein Insolvenzgeld zur Verfügung, das dem Schuldnerunternehmen eine finanzielle Verschnaufpause bringt und mit dem es arbeiten kann. Seine Tätigkeit als Restrukturierungsbeauftragter hat Haffa ganz klar gezeigt: „Eine StaRUGRestrukturierung funktioniert nur bei Unternehmen, die liquiditätsmäßig besser aufgestellt sind, als es in einer Insolvenz oder einer Eigenverwaltung regelmäßig der Fall ist.“ ter light

T e r m i n e Oktober 2023 Dezember 2023 Die optimierte Verwaltervergütung 01.12.2023, online Geheimwaffen der Kommunikation 05.10.2023, Frankfurt, Novotel Frankfurt City Selbst- und Task-Management 4.0 04.12.2023, online Vom Mitarbeiter zur souveränen Führungskraft 12.12.2023, online Professionelle Liquiditätsplanung in Krise und Insolvenz 11.10.2023, online Cash-Pooling und Unternehmensverträge in Krise & Insolvenz 05.10.2023, online Verbraucherinsolvenzen schnell und effizient abwickeln 18.10.2023, online Basiswissen Insolvenzrecht für SachbearbeiterInnen 23.10.2023, online Insolvenzanfechtung vermeiden und abwehren 17.10.2023, online Insolvenzrecht kompakt - Insolvenzrecht für Fortgeschrittene 18.10.2023, online Praxis-Wissen: Sanierung 16.10.2023 - 17.10.2023, online Grundbuch und Zwangsversteigerung 17.10.2023 - 18.10.2023, online Bilanzanalyse in Sanierungs- & Insolvenzfällen 10.10.2023, online Insolvenztabelle 26.10.2023, online

November 2023 Update Insolvenzanfechtungsrecht 24.11.2023 online Basiswissen Insolvenzrecht 27.11.2023, online 3x6 Praxis-Workshop Sanierung 28.11.2023, online Insolvenz und Sanierung von Krankenhausbetrieben 29.11.2023, online Verhandeln am Limit 30.11.2023, Köln, Hotel Stadtpalais Psychologie im Business 27.11.2023 – 28.11.2023, online Erfolg durch Fokus und Konzentration 07.11.2023, online Brennen ohne auszubrennen 30.11.2023 – 31.11.2023, Heidelberg, Heidelberg Marriott Hotel Komm zum Punkt! 29.11.2023 – 30.11.2023, online

I M P R E S S U M © 2023 FORUM · Institut für Management. Alle Rechte vorbehalten. FORUM · Institut für Management GmbH Vangerowstraße 18 D-69115 Heidelberg www.forum-institut.de Schultze & Braun GmbH & Co. KG Eisenbahnstraße 19–23 77855 Achern www.schultze-braun.de Fotos: www.imago-images.de stock.adobe.com Gestaltung: www.derzweiteblick.org Neues zu Restrukturierung und Insolvenz Krise Chance

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5MzU=