KRISE CHANCE präsentiert von August 2025 Neues zu Restrukturierung und Insolvenz TEIL 7 VON „Erfolgsfaktor Sanierung“ SCHWERPUNKT ZUR DEUTSCHEN SOLARBRANCHE LICHT UND SCHATTEN
Die Märchenschlösser, die der bayerische König Ludwig II. erbauen ließ, werden in das UNESCOWeltkulturerbe aufgenommen. Was weitgehend unbekannt ist: Die Baukosten für Neuschwanstein, Herrenchiemsee und Linderhof (im Bild) und seinen ausufernden Lebensstil finanzierte der König nicht aus dem Staatshaushalt, sondern aus der eigenen Tasche. Allerdings lebte Ludwig II. weit über seine finanziellen Verhältnisse und häufte Schulden von fast 15 Millionen Mark an. Oder anders formuliert: Der Kini hatte seine Finanzen nicht (mehr) im Griff! Immobilien und Kredite sind aber auch heute ein finanziell einsturzgefährdetes Thema! Im aktuellen NPL-Barometer (Frühjahr 2025) der Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing (BKS) und der Frankfurt School of Finance & Management senden gewerbliche Immobilienkredite die stärksten Stresssignale. In diesem Segment steigt die NPL-Quote auf fast sechs Prozent (Vorjahr: 4,8%). Rund zwei Drittel der befragten Institute berichten von wachsenden NPL-Beständen in diesem Bereich, während die Hälfte mit einer weiteren Verschlechterung rechnet. Umso wichtiger ist es für Banken, sich mit den Lösungen zu befassen, die es für sie bei der Schieflage eines Eigentümers oder einer Besitzgesellschaft gibt, und welche Vorteile eine Treuhand und die Zwangsverwaltung einer Immobilie haben können. Diese Optionen und ihre Vorteile ordnen Dr. Ludwig Weber und Rüdiger Bauch von Schultze & Braun in ihrem Beitrag „Finanziell einsturzgefährdet: Immobilien und Kredite in Not“ in der Jahrespublikation der BKS (ab Seite 111) ein. In ihrem Beitrag „Kredite und Krisen“ auf dem Blog der Kanzlei erläutern Jürgen Sonder, der Präsident der BKS und Dr. Ludwig Weber von Schultze & Braun, warum ein funktionierender und professioneller Sekundärmarkt für notleidende Kredite und eine profunde Krisenexpertise angesichts der in der deutschen Finanzwirtschaft verstärkt ins Blickfeld rückenden Kreditrisiken umso wichtiger sind. TICKER IMMOBILIEN UND KREDITE Foto: 4kclips – stock.adobe.com
In den meisten Bundesländern haben die Sommerferien bereits begonnen, in einigen neigen sie sich sogar schon wieder dem Ende zu. Grundsätzlich ist Sommerzeit ja auch Urlaubszeit. Das führt gleichwohl nicht dazu, dass Krise & Chance eine Sommerpause macht – ganz im Gegenteil: Sie können die vorliegende August-Ausgabe, in der wir wieder drei aktuelle Themen aufgreifen und für Sie individuell einordnen, als digitale Urlaubslektüre mit an den Strand, die Berge oder auch nach Balkonien nehmen. Aber natürlich können und dürfen Sie Krise & Chance auch bei der Arbeit lesen. Zwei der drei Themen dieser Ausgabe hängen branchenseitig zusammen. Geht es doch in beiden um die Solarbranche – eine Branche, die durch ihren Bezug zur Sonne gut zum Sommer passt. Jedoch ist die heiße Jahreszeit nicht der aktuelle Anlass für unseren kleinen Solar-Schwerpunkt. Vielmehr sind es die Herausforderungen, vor denen Unternehmen aus dieser Branche wirtschaftlich gesehen stehen. Im Titel-Interview „Licht und Schatten“ wirft Rüdiger Bauch von Schultze & Braun ein Schlaglicht auf die Situation der deutschen Solarbranche. Er erläutert darin auch, warum die zwangsläufige Entwicklung im zweiten Halbjahr mit kürzer werdenden Tagen und länger dauernden Nächten sich in wirtschaftlicher Hinsicht nicht in der Branchenentwicklung widerspiegeln muss, wenn die Unternehmen frühzeitig handeln. Im siebten Teil unserer Serie „Erfolgsfaktor Sanierung“ – dieses Mal mit dem Titel „Unter der Sonne Sachsens“ berichten Reinhard Klose von Flöther & Wissing und Rüdiger Bauch von Schultze & Braun davon wie sie es als Generalbevollmächtigter und Sachwalter mit dem Einsatz und dem Engagement aller Beteiligten in nur vier Monaten geschafft haben, eine Übernahmelösung für Wavelabs zu finden und das Solar-Hochtechnologieunternehmen damit aus der wirtschaftlichen Dunkelheit zurück ins Licht zu holen. Weniger um die Sonne, aber dennoch um ein heißes Thema geht es im Beitrag „Übergekochte Finanzen und verbrannte Finger“, in dem Dr. Elske FehlWeileder von Schultze & Braun anlässlich der Verurteilung von Star-Koch Alfons Schuhbeck erläutert, was sich hinter dem Begriff Insolvenzverschleppung verbirgt und was sowohl Privatpersonen als gerade auch Geschäftsleiter von Unternehmen darüber wissen sollten. Ich wünsche Ihnen eine interessante und aufschlussreiche (Urlaubs-)Lektüre, Ihr Tobias Hirte E D I T O R I A L
Der Bitcoin startet mit neuen Höchstmarken in die „Kryptowoche“ Mitte Juli. Am Montag, den 14. Juli, stieg der Wert auf mehr als 122.000 Dollar. Mit einer Marktkapitalisierung von rund 2,4 Billionen Dollar liegt der Bitcoin in der Liste der wertvollsten Assets auf Platz fünf – hinter Gold, dem Chiphersteller Nvidia sowie den Tech-Konzernen Microsoft und Apple. Fakt ist: Krypto-Assets sind zu einem integralen Bestandteil der Finanzwirtschaft geworden und halten zunehmend Einzug auch in Bereichen des Wirtschaftslebens jenseits der Finanzwirtschaft. Gleichzeitig sind allein in den letzten drei Jahren mindestens vier große Krypto-Handelsplattformen zusammengebrochen. Martin Kropp und René Schmidt von Schultze & Braun erläutern im Interview „Sonderinsolvenzrecht für Krypto-Assets“ auf dem Blog der Kanzlei, warum gerade auch Insolvenzverwalter und Sanierungsberater sich mit den Besonderheiten in Krypto-Insolvenzverfahren vertraut machen sollten. Zudem ordnen sie den regulatorischen Rahmen samt einem partiellen Sonderinsolvenzrecht für die Kryptomärkte ein, der in den letzten Jahren auf europäischer und nationaler Ebene ein geschaffen wurde. KRYPTOWERTE UND INSOLVENZEN URLAUBSGELD & CO IN DER INSOLVENZ TICKER
Die auf Sanierungsarbeitsrecht spezialisierte Fachabteilung von Schultze & Braun steht seit dem 1. Juli 2025 unter neuer Führung. Der bisherige Leiter der Einheit, Rechtsanwalt Joachim Zobel, reichte mit dem Geschäftsjahreswechsel der auf Restrukturierung und Sanierung, Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung spezialisierten und bundesweit aktiven Kanzlei den Staffelstab an Rechtsanwalt Alexander von Saenger weiter. Beide sind auch Fachanwälte für Arbeitsrecht und am Nürnberger Standort von Schultze & Braun tätig. Von dort aus bleibt Zobel der Einheit auch noch in den nächsten Jahren als erfahrener Berater erhalten. Im Interview „Das Insolvenzrecht schlägt das Arbeitsrecht in vielen Punkten“ auf dem Blog von Schultze & Braun erläutert von Saenger, welche Möglichkeiten und Besonderheiten es im Sanierungsarbeitsrecht gibt, um Unternehmen und Arbeitsplätze zu erhalten und wie sich der Fokus der arbeitsrechtlichen Privilegierung im Insolvenzrecht regelmäßig wandelt. Auch wenn sich der Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen zuletzt etwas verlangsamt hat, sprechen die Zahlen eine eindeutige Sprache. Fakt ist: Gerade angesichts der zahlreichen Herausforderungen ist kein Unternehmen davor gefeit, in eine wirtschaftliche Schieflage zu geraten, und der Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen wird sich aller Voraussicht nach auch in diesem Jahr fortsetzen. So hart das zunächst klingt: Die Insolvenz des Arbeitgebers kann jeden treffen. Verbunden damit ist die Sorge um den Arbeitsplatz generell und – mitten in der Urlaubssaison mit dem Blick auf die Urlaubserholung im Speziellen – die Sorge um die (sommerliche) Auszeit. Wichtig ist: Auch eine Insolvenz ist kein rechtsfreier Raum, und im Zusammenhang mit den Urlaubsansprüchen an sich, Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld gibt es feste gesetzliche Regelungen. In ihrem Beitrag „Urlaubsgeld & Co in der Insolvenz“ auf dem Blog der Kanzlei ordnen Dr. Elske Fehl-Weileder und Alexander von Saenger von Schultze & Braun ein, was mit Urlaubsansprüchen, Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld passiert, wenn der Arbeitgeber einen Insolvenzantrag stellen muss und sie erläutern, worauf Arbeitgeber und Arbeitnehmer achten sollten. SANIERUNGSARBEITSRECHT UNTER NEUER LEITUNG
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Die Tage werden kürzerer, die Nächte länger – im Lauf des zweiten Halbjahres ist das bis zum 21. Dezember zwangsläufig so. In wirtschaftlicher Hinsicht gibt es aber Möglichkeiten, die Dämmerung oder gar die Dunkelheit zu vermeiden, wenn frühzeitig gehandelt wird. Rüdiger Bauch von Schultze & Braun wirft im Interview ein Schlaglicht auf die Situation der deutschen Solarbranche. Herr Bauch, nach dem Beginn von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine explodierten die Energiepreise für fossile Brennstoffe und haben den Ausbau erneuerbarer Energien bis heute beschleunigt. Bauch: Ja, allerdings stammen die installierten Solarmodule mittlerweile überwiegend von chinesischen Herstellern, die schon zahlreiche europäische Wettbewerber aus dem Markt gedrängt haben. Fast 95 Prozent der Module kommen inzwischen aus dem asiatisch-pazifischen Raum. Weitere drei Prozent werden von US-Unternehmen produziert, und dann kommt Europa. Das hat zum Beispiel die Unternehmensberatung Strategy& errechnet, eine Tochter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC. Im Umkehrschluss bedeutet das: Während deutsche Fachbetriebe zwar von der Installation profitieren, stehen deutsche Modulhersteller oftmals praktisch im wirtschaftlichen Schatten Zugleich haben die USA den Import chinesischer Solarmodule eingeschränkt, was das Überangebot auf dem europäischen Markt verstärkt. Als Folge gab und gibt es in der deutschen Solarbranche einige Insolvenzen. Bauch: Ja, Besonders kleinere Unternehmen waren betroffen: Neben Wavelabs, einem Verfahren, an dem ich Sachwalter beteiligt war, haben etwa Envoltec, Enersol, Wegatech und Solarmax Insolvenz beantragt. Nach Angaben des Brachenmediums PV Magazin war die Zahl der Insolvenzen in der Branche im dritten Quartal 2024 so hoch wie seit 2010 nicht mehr. Aber nicht nur deutsche Unternehmen sind betroffen, auch europäische Modulhersteller suchen nach wirtschaftlichen Lösungen für ihre Werke – mitunter auch über das Insolvenzrecht. Neben Solarwatt haben beispielsweise zuletzt auch die deutschen Gesellschaften des Schweizer Produzenten Meyer Burger ein Insolvenzverfahren begonnen. Zusammen mit seinem Kollegen Dr. Jürgen Erbe spricht Rüdiger Bauch im Interview „Das halb volle Bier-Glas“ über die wirtschaftlichen Herausforderungen für Brauereien. T I TEL
Wie schätzen Sie die politischen Rahmenbedingungen ein? Bauch: Die EU will mit dem „Net Zero Industry Act“ gewährleisten, dass die für den Klimaschutz bedeutende Solarindustrie nicht aus Europa verschwindet. Das Ziel: 40 Prozent der Nachfrage soll von EU-Unternehmen gedeckt werden. Notwendig für die von der EU gewünschte Wiederbelebung der heimischen Produktion wären industriepolitische Unterstützung mit besseren Rahmenbedingungen. Auch die Absicht der neuen Bundesregierung ist es, die gesamte Wertschöpfungskette in der Photovoltaik widerstandsfähiger, also europäischer, aufzustellen – eine Option, die übrigens auch die Verfahren und Instrumente des Insolvenz- und Sanierungsrechts ermöglichen. Welche Entwicklung sehen Sie für den Solarmarkt in Deutschland? Bauch: Ich sehe das wie Harry Wirth, der Bereichsleiter Power Solutions bei Fraunhofer. Der Markt wird sich strukturell grundlegend verändern. Langfristig werden sinkende Herstellkosten von PhotovoltaikModulen auf der einen, steigende Frachtkosten und lange Frachtzeiten auf der anderen Seite die Wettbewerbsposition für die Modulherstellung in Deutschland verbessern. Ein großer Teil der mit einem Photovoltaik-Kraftwerk verbundenen Wertschöpfung wird daher im Land bleibt. Zudem lohnen sich für deutsche Unternehmen nach einer Berechnung des Energiekonzerns E.on auf Basis realer Verbrauchsdaten Investitionen in Solaranlagen mittlerweile im Schnitt schon nach sieben Jahren. Demnach kann ein großer Mittelständler mit Photovoltaik auf dem Dach rund 100.000 Euro jährlich sparen und seine CO2-Bilanz verbessern. Noch schneller rechnet sich für Unternehmen laut Studie, statt Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor E-Autos zu leasen und eigene Ladesäulen anzuschaffen, und zwar im Mittel nach drei Jahren. Wie lautet Ihr Fazit für die deutsche Solarbranche? Bauch: Es zeigt sich: Auch wenn die Tage kürzer werden, droht der deutschen Solarbranche keine andauernde Dunkelheit. Jedoch ist es wichtig, dass sich die Unternehmen auf ihre technologischen Stärken besinnen, Krisenanzeichen frühzeitig erkennen und – wie es auch das Leipziger Hochtechnologieunternehmen Wavelabs getan hat – im Fall der Fälle die Möglichkeiten der Verfahren und Instrumente des Insolvenz- und Sanierungsrechts als realistische Option sehen. Denn Fakt ist: In Zeiten wirtschaftlicher Dunkelheit ist es wichtig, keine Zeit zu verlieren, wenn man zurück ins Licht kommen will.
ÜBERGEKOCHTE VERBRANNTE FI Dr. Elske Fehl-Weileder von Schultze & Braun erläutert, was sich hinter dem Begriff Insolvenzverschleppung verbirgt und was sowohl Privatpersonen als gerade auch Geschäftsleiter von Unternehmen darüber wissen sollten. Star-Koch Alfons Schuhbeck ist am 14. Juli 2025 unter anderem wegen Insolvenzverschleppung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt worden. In seinem Urteil führte der Richter am Landgericht München I aus, dass Schuhbeck „viel zu spät die Notbremse gezogen“ habe. Dadurch habe er auch Lieferanten, Geschäftspartnern und Gläubigern „immense finanzielle Probleme“ bereitet. „Es gibt sicherlich viele Menschen, die sich wünschen, wie Alfons Schuhbeck kochen zu können“, sagt Dr. Elske Fehl-Weileder. Die Fachanwältin für Insolvenz- und Sanierungsrecht wird auch vom Amtsgericht München als Insolvenzverwalterin bestellt. „Weniger nachahmenswert ist jedoch seine wirtschaftliche Karriere – zumindest gegen Ende. So hart es klingt: Schuhbeck hat seine privaten, aber auch die Finanzen seiner zahlreichen Unternehmen überkochen lassen und sich dabei ordentlich die Finger verbrannt.“ Die Insolvenzantragspflicht missachtet Vereinfacht gesagt bedeutet Insolvenzverschleppung, dass ein Geschäftsleiter bei seinem Unternehmen die Insolvenzantragspflicht missachtet hat. „Diese greift, wenn das Unternehmen seine fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann – umgangssprachlich also pleite ist“, erläutert Fehl-Weileder. In einem solchen Fall ist ein Geschäftsleiter dazu verpflichtet, innerhalb der gesetzlichen Frist einen Insolvenzantrag zu stellen. Wenn er dies nicht oder verspätet tut, begeht er Insolvenzverschleppung. In diesem Fall haftet der Geschäftsleiter mit seinem Privatvermögen für Beträge, die aus dem Unternehmen abgeflossen sind, nachdem es eigentlich bereits insolvent war – etwa durch Zahlungen an Banken, Dienstleister oder Lieferanten. In eine Insolvenzverschleppung hineinschlittern „Fakt ist: In der Praxis werden Insolvenzanträge leider oft zu spät gestellt. Dies einerseits, weil – nachvollziehbarerweise – die Hoffnung zuletzt stirbt und mit allen Mittel versucht wird, eine Insolvenz zu vermeiden. Andererseits auch, weil frühe Krisenanzeichen nicht als solche erkannt werden. Dadurch sinken jedoch die Chancen für eine dauerhafte Fortführung und den Erhalt des insolvenzreifen Unternehmens“, sagt Fehl-Weileder. Da bei der Antwort auf die Frage `Ist mein Unternehmen insolvenzreif?´ allerdings verschiedene Faktoren eine Rolle spielen, kommt es mitunter vor, dass Geschäftsleiter unbeabsichtigt in eine Insolvenzverschleppung hineinschlittern – gerade, wenn sie mit allen Mitteln versuchen, die finanzielle Schieflage ihres Unternehmens zu beheben. Das schützt aber nicht vor den finanziellen Haftungsrisiken der Insolvenzverschleppung, die zudem zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und möglichen strafrechtlichen Konsequenzen führt.“ Finanzieller Neustart ohne Anbrennen Das prominente Beispiel von Alfons Schuhbeck zeigt: Je früher man sich eingesteht, dass finanziell etwas THEMA
FINANZEN UND NGER überzukochen droht, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der finanzielle Neustart ohne Anbrennen gelingt – und das gilt für Unternehmer genauso wie für Privatpersonen. Denn auch wenn die Insolvenzantragspflicht für Privatpersonen, Einzelunternehmer und sogenannte Personengesellschaften wie etwa die Gesellschaft Bürgerlichen Rechts, die GbR, oder die Offene Handelsgesellschaft, die OHG, nicht greift, sind auch bei ihnen die Erfolgschancen einer finanziellen Neuaufstellung umso größer, je früher ein entsprechender Antrag gestellt wird. „Wichtig ist: Bei bestimmten Gesellschaftsformen von Unternehmen – etwa den weit verbreiteten Gesellschaften mit beschränkter Haftung, den GmbHs und UGs, und auch bei Aktiengesellschaften, AGs – ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass die handelnden Personen einen Insolvenzantrag stellen müssen, wenn das Unternehmen insolvenzreif ist“, sagt FehlWeileder. „Bezogen auf den Fall Schuhbeck kann man sagen: Er hätte sich früher Hilfe holen müssen und die Insolvenzanträge für die Unternehmen, für die er verantwortlich war, früher stellen müssen. Dadurch wäre wahrscheinlich nicht nur der wirtschaftliche Schaden für die Gläubiger geringer ausgefallen, sondern Alfons Schuhbeck hätte auch größere Chancen gehabt, sein Lebenswerk zu retten.“ Prüfung auf strafrechtlich relevante Tatbestände Dass Geschäftsleiter sich in Insolvenzverfahren mit zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen konfrontiert sehen, kommt immer wieder vor. „Jede Insolvenzakte geht automatisch auch an die zuständige Staatsanwaltschaft, die das Verfahren dann auf strafrechtlich relevante Tatbestände prüft“, sagt FehlWeileder. „Ein Grund mehr für Geschäftsleiter, sich Hilfe zu holen, wenn ihr Unternehmen sich in einer wirtschaftlichen Krise befindet oder absehbar auf eine solche zusteuert. Dadurch reduzieren Geschäftsleiter auch das Risiko, vom Insolvenzverwalter zivilrechtlich in Anspruch genommen zu werden.“ Solche Ansprüche zu prüfen und im Fall der Fälle durchzusetzen ist eine der gesetzlich festgelegten Aufgaben eines Insolvenzverwalters. Aber auch einzelne Gläubiger können Schadenersatzansprüche geltend machen – etwa, wenn ein Unternehmen bei ihnen Waren bestellt und geliefert bekommen hat, und der Geschäftsleiter des Bestellers schon wusste, dass er diese Waren nicht mehr bezahlen kann. „Wenn der Geschäftsführer eines kriselnden Unternehmens also nicht rechtzeitig die Notbremse zieht, droht ihm von mehreren Seiten Ungemach“, erläutert Fehl-Weileder. Selbst eine Insolvenz muss nicht das Ende bedeuten Ein Insolvenzantrag bedeutet nicht automatisch das Ende eines Unternehmens. Vielmehr bietet das deutsche Sanierungsrecht verschiedene Instrumente und Verfahren, mit denen ein Unternehmen eine finanzielle Krise meistern kann. Es gilt jedoch die Devise: Je früher ein Insolvenzantrag vorbereitet und gestellt wird, desto größer ist die Chance auf den Neuanfang. Das sollten Geschäftsleiter im Blick haben – um die Chancen für eine dauerhafte Fortführung und den Erhalt des Unternehmens zu vergrößern und sich vor den Haftungsrisiken der Insolvenzverschleppung zu schützen.
Ein Hochtechnologieunternehmen aus der wirtschaftlichen Dunkelheit zurück ins Licht geführt – für die Sanierung des Leipziger Solar-Spezialisten Wavelabs passt diese Zusammenfassung sehr gut. Der Generalbevollmächtige und der Sachwalter berichten über die Besonderheiten des Verfahrens, bei dem durch den Einsatz und das Engagement aller Beteiligten in nur vier Monaten eine Übernahmelösung gefunden wurde. Der siebte Teil unserer Serie „Erfolgsfaktor Sanierung“. Das Grundprinzip von Solarzellen ist einfach: Einfallendes Sonnenlicht erzeugt elektrische Spannung, die in Strom umgewandelt wird. Der Wirkungsgrad von Einzelsolarzellen ist durch den sogenannten AugerEffekt aber auf knapp 30 Prozent begrenzt. Mit Tandemsolarzellen und -modulen lässt sich diese physikalische Grenze überwinden, und eine höhere Energieausbeute pro Fläche macht Solarenergie nicht nur noch nachhaltiger, sondern schafft auch enorme Einsparpotenziale bei der Herstellung von Solarzellen- und Modulen. Die industrielle Herstellung der siliziumbasierten Solarzellen und -modulen wird daher weltweit intensiv vorangetrieben und vorbereitet. Für die Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit der Zellen und Module über ihre Wirkungsgrade ist die standardisierte Kalibrierung ein entscheidender Faktor, für die die LED-basierten Sonnensimulatoren von Wavelabs aus Leipzig wiederum das technologische Herzstück darstellen. Ein weltweites Alleinstellungsmerkmal Wavelabs wurde 2011 gegründet und hat sich seitdem zu einem namhaften Anbieter für Solarmesstechnik entwickelt. Zahlreiche Forschungs-, Test- und Bildungseinrichtungen sowie große Photovoltaik-Hersteller setzen Sonnensimulatoren von Wavelabs ein, die am Sitz des Unternehmens auf dem ehemaligen Werksgelände der Leipziger Baumwollspinnerei entwickelt und gefertigt werden. Das Besondere ist, dass die Sonnensimulatoren von Wavelabs das Sonnenlicht zu beliebigen Tageszeiten und Regionen simulieren können – ein weltweites Alleinstellungsmerkmal, durch das nicht nur der Einfluss auf Tandemmodule untersucht werden kann, sondern auch aufwendige und wetterabhängige Außentests von Solarzellen und -modulen in Zukunft nicht mehr notwendig sind. „Nicht mehr notwendig“ trifft auch auf die Suche nach einem Investor für Wavelabs zu. Seit Anfang Juni 2025 ist die Zukunft von Wavelabs gesichert und Eternal Sun, ein weltweit führender Spezialist für Solarpanel-Prüftechnologie aus den Niederlanden, hat den Geschäftsbetrieb vollständig übernommen. Teil der Vereinbarung ist auch eine Zusage für den Erhalt und Ausbau des Wavelabs-Standorts in Leipzig. „Mit Eternal Sun als starkem Investor und Partner kann Wavelabs nicht nur zuversichtlich in die Zukunft blicken, sondern seine Expertise bei der Entwicklung und Herstellung von Sonnensimulatoren von einer soliden wirtschaftlichen Basis aus auf eine neue Stufe heben. Die beiden Partner passen bei der Foto: https://wavelabs.de UNTER DER SON Über Wavelabs: Wavelabs wurde 2011 in Leipzig gegründet und hat sich seitdem zu einem namhaften Anbieter für Solarmesstechnik entwickelt. Zahlreiche Forschungs-, Test- und Bildungseinrichtungen sowie große Photovoltaik-Hersteller setzen Sonnensimulatoren von Wavelabs ein. SER I E
Technologie und ihrem Branchenfokus hervorragend zusammen und eröffnen sich gegenseitig den Zugang zu neuen Märkten“, sagt Reinhard Klose, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht bei der Kanzlei Flöther & Wissing, der als Generalbevollmächtigter den Sanierungs- und Investorenprozess gesteuert hat. Aufgrund geringer Investitionsbereitschaft und einer allgemein sinkenden Nachfrage in der Solarbranche hatte Wavelabs im Frühjahr 2025 ein Eigenverwaltungsverfahren eingeleitet, um sich neu aufzustellen. Aus Leipzig in die Welt Bei der erfolgreichen Neuaufstellung spielte die internationale Komponente eine große Rolle. „Die meisten Kunden von Wavelabs haben ihren Sitz im Ausland, viele davon in Asien. Das zeigt sich auch darin, dass es den Internetauftritt von Wavelabs nur auf Englisch und auf Chinesisch gibt“, sagt Rüdiger Bauch. Der Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht, der unter anderem am Leipziger Standort von Schultze & Braun tätig ist, hat das Verfahren konstruktiv begleitet und die Interessen der Gläubiger vertreten. „Da wir bei den Gesprächen mit den Kunden, aber auch den Lieferanten von Wavelabs oft mit großen Zeitunterschieden zu tun hatten, haben Reinhard Klose und ich uns diese Aufgabe aufgeteilt – im Interesse der Sanierung und damit indirekt auch der Gläubiger, für die eine Fortführungslösung grundsätzlich die beste Lösung ist.“ Eternal Sun ist ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich der Prüftechnologie für Solarmodule mit sechs Standorten in vier Ländern und hat angekündigt, den Großteil der rund 60 Beschäftigten zu übernehmen. „Belegschaft und Geschäftsführung haben Wavelabs durch die Zeit der Neuaufstellung getragen. Ihr Einsatz und Durchhaltevermögen waren entscheidend für den Erfolg der Investorenlösung und den nun anstehenden Neustart“, sagt Reinhard Klose. Besonderen Respekt hat der erfahrene Sanierer vor dem professionellen Umgang der Mitarbeitenden mit der Sondersituation der Insolvenz, die für einige von ihnen allerdings den Verlust des Arbeitsplatzes bedeutet hat. „Auch wenn das Geschäft von Wavelabs sich im internationalen Hochtechnologiebereich abspielt, war und ist die Zusammenarbeit am Leipziger Unternehmenssitz wie in einer Start Up-Familie. Jeder identifiziert sich voll mit Wavelabs. Umso einschneidender waren natürlich die im Zuge der Neuaufstellung unumgänglichen Personalanpassungen“, erläutert Klose. „Aber alle Mitarbeitenden – gerade auch diejenigen, denen gekündigt werden musste, um das Unternehmen erhalten zu können – sind mit dieser Situation extrem professionell umgegangen und haben sich bis zum letzten Arbeitstag eingebracht.“ Fortbestand eines Hochtechnologieunternehmens „Die Fortführungslösung für Wavelabs ist das Ergebnis intensiver Verhandlungen und zeigt, wie die Instrumente des Insolvenzrechts den Fortbestand eines Hochtechnologieunternehmens sichern können“, sagt Rüdiger Bauch. „Es freut mich sehr, dass sich der Einsatz und das Engagement aller Beteiligten im Verfahren gelohnt hat.“ Die Unternehmensgeschichte von Wavelabs kann nun unter der Sonne Sachsens fortgeschrieben werden. NNE SACHSENS Im vorangehenden Teil von „Erfolgsfaktor Sanierung“ steht das Naëmi-Wilke-Stift im brandenburgischen Guben im Fokus. Maßgeblich dafür, dass in nicht einmal neun Monaten alle Arbeitsplätze und der Fortbestand des Krankenhauses gesichert und die medizinische Versorgung der Region nachhaltig gestärkt werden konnte, ist die zielgerichtete Zusammenarbeit zwischen Eigenverwaltung und Sachwaltung.
T E R M I N E AUGUST – SEPTEMBER 2025 Verbraucherinsolvenz & Restschuldbefreiung – das Wichtigste in Kürze 28.08.2025, online Mitteldeutsche Rechtstage 22. – 23.09.2025, Steigenberger Grandhotel Handelshof Leipzig Praxis-Wissen: Sanierung 24.09.2025, online Distressed M&A 30.09.2025, online
OKTOBER 2025 Betriebliche Altersversorgung in der Insolvenz 10.10.2025, online Erfolgreiche Zwangsversteigerung von Immobilien in der Praxis 14. – 15.10.2025, online Teilungsversteigerung 16.10.2025, online Basiswissen Insolvenzrecht für SachbearbeiterInnen 22.10.2025, online Update Insolvenzanfechtungsrecht 29.10.2025, online Professionelle Liquiditätsplanung in Krise und Insolvenz 29.10.2025, online
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