Krise & Chance Juli 2022

Krise Chance präsentiert von Juni 2022 Neues zu Restrukturierung und Insolvenz Keine Zeit verlieren!

Bio-Grosshandel Der traditionsreiche Bio-Großhandel BiUno mit Sitz in Gießen-Lützellinden musste Anfang Mai Insolvenzantrag stellen. Eine Ursache ist ein deutlicher Auftragsrückgang durch das Ende der Zusammenarbeit mit einem bisherigen Großkunden. Der Geschäftsbetrieb von BiUno läuft im vollem Umfang weiter. Der vorläufige Insolvenzverwalter, Dr. Michael Lojowsky, von Schultze & Braun prüft die Sanierungsmöglichkeiten und startet die gezielte Suche nach Investoren. Ziel ist der Erhalt des Unternehmens und der 85 Arbeitsplätze. BiUno beliefert Einzelhändler, Filialisten, Lieferserviceunternehmen und Großküchen mit hochwertigen Bio-Produkten und das seit mehr als 40 Jahren. Foto: BiUno Ticker

Eine weiterhin andauernde Pandemie, nach wie vor gestörte Lieferketten und die umfangreichen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine – gerade bei produzierenden Unternehmen sorgen die aus den nicht enden wollenden Krisen resultierenden Herausforderungen dafür, dass sie an der Kostenschraube drehen (müssen). Bei Zeitarbeitsunternehmen führt das wiederum dazu, dass Planungssicherheit für sie zum Fremdwort zu werden droht. Unternehmen, die auf ihre Kosten achten müssen, tun das im Personalbereich durch Kurzarbeit und indem sie weniger Zeitarbeiter einsetzen. Umsatzeinbrüche können jedoch für Zeitarbeitsunternehmen zu einer existenziellen Bedrohung werden. Für sie gilt dann die Devise: Keine Zeit verlieren und Gegenmaßnahmen einleiten! Welche das sind, und welche Besonderheiten es bei einer Restrukturierung eines Zeitarbeitsunternehmen zu beachten gibt, erläutere ich im Interview. Umsatzeinbrüche drohen auch exportorientierten Unternehmen, wenn sie ihre offenen Forderungen nicht oder nicht ausreichend absichern. Gerät ihr Geschäftspartner im Ausland in wirtschaftliche Schwierigkeiten, bleiben sie ohne ein gutes Sicherheitenmanagement am Ende oft auf ihren Forderungen sitzen. Die Herausforderung besteht darin, beim Sicherheitenrecht der jeweiligen Zielländer immer auf dem aktuellen Stand zu sein – um im Fall der Fälle seine Rechte nicht nur zu kennen, sondern auch durchsetzen zu können. In dieser Ausgabe zeigen wir, welche Änderungen bei den Sicherheitenrechten von Frankreich und Italien deutsche Unternehmen kennen sollten. Zudem erläutern wir die Auswirkungen der anstehende Insolvenzrechtsreform in Italien und einer Entscheidung des französischen Kassationsgerichtshofs zur Insolvenzverschleppung, die es in Frankreich eigentlich überhaupt nicht gibt. Also keine Zeit verlieren und am besten direkt weiterlesen! Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre! Ihr Tobias Hirte e d i t o r i a l

Die zur insolventen Hess Gruppe gehörende Autoteile Jakobs GmbH &Co.KG mit Hauptsitz in Idar-Oberstein wird voraussichtlich im Mai durch einen Investor übernommen. Die Verträge für den Erhalt aller acht Standorte und von rund 130 Arbeitsplätzen sollen noch im Laufe des Monats unterschrieben werden, so Insolvenzverwalter Christoph Niering. Autoteile Jacobs war Der Ökostrom-Anlagenbauer Green City AG steht vor dem Verkauf. Das Amtsgericht München hatte am 1. Mai das Insolvenzverfahren eröffnet. Insolvenzverwalter Axel Bierbach ist zuversichtlich. Er führe bereits Verhandlungen mit einer Auswahl an Investoren und rechne damit, den Verkauf noch im Mai abschließen zu können. Damit könnten die Kraftwerksprojekte und die Arbeitsplätze gesichert werden. Die Consulting-Tochter Green City Experience ist bereits verkauft. Für weitere ebenfalls insolvente Green-City-Konzerngesellschaften wird noch nach einer Lösung gesucht. Ökostrom Autoteile Foto: www.jakobs-autoteile.de Ticker

Die Raiffeisen Warengenossenschaft Flechtingen eG hat einen Insolvenzantrag gestellt. Der vorläufige Insolvenzverwalter Rüdiger Bauch von Schultze & Braun prüft nun die Optionen für eine Sanierung des Bau- und Gartenmarktes, der über die Grenzen von Flechtingen in SachsenAnhalt hinaus bekannt ist. Für alle Kunden hat er gute Nachrichten: Die Beratung und der Verkauf laufen in vollem Umfang weiter. Sie können am Standort Flechtingen weiterhin ihre Produkte kaufen und dabei aus der gesamten Angebotspalette der Raiffeisengenossenschaft wählen. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter sind bis Ende Juni gesichert. Raiffeisen-Markt 2015 gegründet und 2017 von der Hess Gruppe übernommen worden. Zum Leistungsspektrum gehört das Aftermarket-Geschäft, das Werkstattgeschäft und der Reifenhandel. Autoteile Jakobs hatte in vielen Hinsichten ihre Eigenständigkeit innerhalb der Hess Gruppe bewahrt, deshalb konnte eine eigenständige Fortführungslösung gefunden werden, so der Insolvenzverwalter.

Keine Zeit verlieren! T i t e l

Viele produzierende Unternehmen müssen aktuell ihre Kosten reduzieren. Daher setzen sie unter anderem weniger Zeitarbeiter ein, was wiederum für Zeitarbeitsunternehmen zu einer existenziellen Bedrohung werden kann. Im Interview erläutert Tobias Hirte von Schultze & Braun, welche Möglichkeiten und Instrumente es für sie gibt, einer wirtschaftlichen Krise zu begegnen und sie zu bewältigen. Herr Hirte, Sie haben bereits mehrere Zeitarbeitsunternehmen in Krisensituationen begleitet. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation für die Branche? Hirte: Die Planungssicherheit bei vielen produzierenden Unternehmen ist angesichts der Tatsache, dass die Störungen der internationalen Lieferketten eher zu- als abnehmen und nicht absehbar ist, wie lange der Krieg in der Ukraine noch andauert, nur bedingt vorhanden. Wie sie müssen auch Zeitarbeitsunternehmen auf Sicht fahren. Unser Seminartipp Insolvenz & Sanierung im Automotive am 4. & 5. Juli 2022 Sie möchten mehr zu diesem Thema erfahren? Dann besuchen Sie unser Online-Seminar. Das sind keine positiven Zukunftsaussichten. Hirte: In der Tat – allerdings gibt es für Zeitarbeitsunternehmen viele Möglichkeiten und Instrumente, um einer wirtschaftlichen Krise nicht nur zu begegnen, sondern sie auch zu bewältigen. Was raten Sie den handelnden Personen? Hirte: Der erste Schritt ist, die Anzeichen für eine sich abzeichnende Krise oder sogar existenzielle Bedrohung des Unternehmens möglichst früh zu erkennen. So können rechtzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Steht ein Zeitarbeitsunternehmen bereits kurz vor der Zahlungsunfähigkeit, gelten verschärfte Regeln und es muss schnell gehandelt werden. Die Devise lautet in jeden Fall: Im Krisenfall keine Zeit verlieren! Was gilt, wenn ein Zeitarbeitsunternehmen bereits zahlungsunfähig ist? Hirte: Dann ist die Geschäftsleitung verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen. Wichtig ist: Ein solcher Antrag muss nicht das Ende des Zeitarbeitsunternehmens bedeuten, sondern kann vielmehr die Chance auf einen Neuanfang darstellen. Welche Vorteile hat eine Sanierung mit Hilfe des Insolvenzrechts? Hirte: Im operativen Geschäft ist der Vollstreckungsschutz von Vorteil. Tilgung und Zinsen T i t e l

werden ausgesetzt und das Zeitarbeitsunternehmen muss fällige Verbindlichkeiten zunächst nicht begleichen. Die Geschäftsleitung kann also alle Einnahmen dafür nutzen, den regulären Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Gibt es auch eine finanzielle Entlastung bei den Personalkosten, die ja bei Zeitarbeitsunternehmen nicht selten 80 bis 90 Prozent der gesamten Kosten umfassen? Hirte: Die Löhne und Gehälter der unternehmenseigenen – aber auch die der verliehenen – Mitarbeitenden sind in der Regel bis zu drei Monate lang durch das Insolvenzgeld gesichert. Während dieser Zeit haben Zeitarbeitsunternehmen also sehr geringe Kosten. Diese Zeit kann daher für die Umstrukturierung und Sanierung genutzt werden. Die kann auch in eigener Regie erfolgen. Bei der sogenannten Eigenverwaltung oder in einem Schutzschirmverfahren bleibt die Geschäftsleitung voll handlungsfähig und kann ihr Unternehmen aus finanz- und leistungswirtschaftlicher Sicht sanieren. Was passiert mit den Genehmigungen eines Zeitarbeitsunternehmens, also zum Beispiel einer AÜG-Lizenz? Hirte: Sowohl Insolvenz- als auch Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren lassen sich mit einem Insolvenzplan abschließen, einer Art gerichtlichem Vergleich mit den Gläubigern. Der Vorteil: Durch den Plan bleibt die Gesellschaft – der sogenannte Rechtsträger – des Zeitarbeitsunternehmens erhalten. Dies ist insofern von besonderer Bedeutung, da an der Gesellschaft in der Regel die Genehmigungen – also zum Beispiel die AÜG-Lizenz – des Zeitarbeitsunternehmens hängen. Welche weiteren Besonderheiten gibt es? Hirte: Die handelnden Personen müssen die Subsidiärhaftung im Blick haben. Wenn sie die Sozialversicherungsbeiträge im Zuge seiner Sanierung nicht immer rechtzeitig bezahlen, fordern die Krankenkassen diese beim Entleiher ein. Der muss die Beiträge dann aufgrund der Subsidiärhaftung bezahlen und ist als Kunde damit wahrscheinlich passé. Um das zu vermeiden, bietet sich eine kreative Drittlösung an. Die Sozialversicherungsbeiträge für unternehmenseigene, aber auch die verliehenen Mitarbeitenden sind aber auch besonders relevant, da dem Zeitarbeitsunternehmen unter Umständen die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung entzogen werden kann, wenn diese offen bleiben. Gleiches gilt, wenn Steuerschulden nicht bezahlt werden.

Thema Als Iden wurde im römischen Kalender der Tag in der Monatsmitte bezeichnet. Deutsche Unternehmen, die Geschäfte mit italienischen Partnern machen, sollten in diesem Jahr besonders den 15. Juli im Blick haben. An diesem Tag soll in Italien das neue Insolvenzrecht in Kraft treten. Es zeichnet sich bereits ab, dass es große Änderungen mit sich bringt – auch wenn sie im Detail noch nicht feststehen. Das neue italienische Insolvenzrecht tritt wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen der CoronaPandemie zwei Jahre später in Kraft als ursprünglich geplant. Zudem beabsichtigt der italienische Gesetzgeber in einem noch nicht abgeschlossenen Gesetzgebungsverfahren grundlegende Änderungen des neuen Gesetzbuchs, die insbesondere auch der Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie dienen sollen: ■ ■ Frühwarnsystem: In der pandemiebedingten makro-ökonomischen Krise wurde allen voran das neue Frühwarnsystem des Gesetzbuchs von 2019 eher als “Brandbeschleuniger” denn als Hilfsmittel gesehen, weshalb dessen Inkrafttreten mehrfach verschoben wurde. Nach dem gegenwärtig verhandelten Reformgesetz soll es nunmehr vollständig von dem neuen Sanierungsverfahren ersetzt werden, welches bereits im November 2021 eingeführt worden ist (siehe unten). ■ ■ Richtlinienumsetzung: Neben weiteren tiefgreifenden Eingriffen sieht das Reformgesetz auch die Einführung neuer Indikatoren für die frühzeitige Erkennung einer Krise vor. Zudem soll ein sogenannter genehmigungspflichtiger Restrukturierungsplan eingeführt und das Vergleichsverfahren zum wiederholten Male modifiziert werden. „Die mehrfachen Verschiebungen sowie das noch laufende Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie haben dafür gesorgt, dass auch rund zwei Monate vor dem Inkrafttreten nicht sicher ist, in welcher Form das neue Insolvenzrecht nun in Kraft tritt“, sagt Alessandro Honert von Schultze & Braun, der als Rechtsanwalt in Italien und Deutschland zugelassen ist. „Deutsche Unternehmen tun also gut daran, die weitere Entwicklung genau zu verfolgen.“ Komprimierte Gläubigerinteressen Bereits jetzt ist aber klar, dass Italien mit dem neuen Insolvenzrecht die Position der heimischen Unternehmen stärkt, wenn sie in eine finanzielle Die Iden des

lichen) Urkunde, aus der sich zweifelsfrei das Datum entnehmen lässt, zu dem der Eigentumsvorbehalt vereinbart wurde. Verlängerter Eigentumsvorbehalt in italiano Wichtig für deutsche Unternehmen ist zudem, dass der weit verbreitete verlängerte Eigentumsvorbehalt in Italien unwirksam und nicht durchsetzbar ist. Demnächst kann jedoch in Italien das sogenannte besitzlose Pfandrecht als Pendant in italiano genutzt werden. „Ein Vorteil ist, dass das Pfandrecht nicht nur an Waren, Maschinen oder sonstigem Anlagevermögen, sondern auch zu Lasten von immateriellen Namens- und Markenrechten oder an Forderungen bestellt werden kann, die aus der unternehmerischen Tätigkeit des italienischen Geschäftspartners resultieren“, erläutert Fiorini. Damit das besitzlose Pfandrecht in der Praxis genutzt werden kann, muss allerdings noch das erforderliche Informatik-System geschaffen werden. Eigentlich war dies bis Ende April vorgesehen, ist aber bis dato noch nicht erfolgt. Auch hier sollten deutsche Unternehmen also wie bei der Insolvenzrechtsreform die weitere Entwicklung im Blick behalten. Schieflage geraten. „Es zeigt sich, dass mit dem neuen Insolvenzrecht eine insolvenzfeste Bestellung von Sicherheiten weiter an Bedeutung gewinnt – weiter, da es in Italien bereits seit Mitte November 2021 ein neues außergerichtliches Sanierungsverfahren gibt, das ebenfalls schuldnerfreundlich ausgestaltet ist“, sagt Honert. Das italienische Unternehmen kann im Sanierungsverfahren einen zeitlich beschränkten Schutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen erlangen – ähnlich dem Schutzschirmverfahren in Deutschland. Ein Eingriff in insolvenzfest bestellte Sicherheiten ist indessen im Rahmen des neuen Sanierungsverfahrens nicht möglich. Italien ist nicht Deutschland „Damit eine Sicherheit auch nach italienischem Recht insolvenzfest ist, dürfen deutsche Unternehmen sich jedoch nicht ohne Weiteres auf die Kreditsicherheiten verlassen, die sie im innerdeutschen Geschäftsverkehr einsetzen“, sagt Chiara Fiorini von Schultze & Braun. Damit zum Beispiel der hierzulande beliebte und leicht zu bestellende einfache Eigentumsvorbehalt bei einer Insolvenz des italienischen Geschäftspartners auch in Italien gilt, muss er mit einem sogenannten sicheren Datum nachgewiesen werden können – etwa mit einer (typischerweise öffent- Juli

Thema Das neue französische Sicherheitenrecht und eine Entscheidung des Kassationsgerichtshofs haben Auswirkungen auf deutsche Unternehmen. 2021 haben deutsche Unternehmen Waren im Wert von rund 102,3 Milliarden Euro nach Frankreich exportiert – ein Plus von fast 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Viel Geschäft bedeutet allerdings gleichzeitig auch ein größeres Risiko für Zahlungsausfälle – etwa, wenn ein französischer Geschäftspartner einen Insolvenzantrag stellt. Die Antworten auf die Fragen „Ist mein Geschäftspartner (noch) zahlungsfähig ist oder nicht?“ und „Bin ich im Fall einer Insolvenz meines Geschäftspartners vor einem Forderungsausfall geschützt?“ spielen daher eine wichtige Rolle – gerade, da es in Frankreich seit dem Jahresbeginn ein neues Sicherheitenrecht gibt. „Besonders die Änderungen bei Bürgschaften und der Sicherungsabtretung spielen dabei für deutsche Unternehmen eine große Rolle“ sagt Patrick Ehret von Schultze & Braun, der in Deutschland und Frankreich als Rechtsanwalt zugelassen ist. „Unter bestimmten Voraussetzungen ist nun in Frankreich auch ein verlängerter Eigentumsvorbehalt möglich. Exporteure müssen dabei aber die Besonderheiten des französischen Rechts berücksichtigen.“ Ein verlängerter Eigentumsvorbehalt erlaubt dem Lieferanten den Zugriff auf Forderungen, wenn der Kunde die an ihn gelieferte Ware weiterveräußert. Generell gilt: Französische Sicherheiten unterscheiden sich oftmals von denen des deutschen Rechts und haben zudem je nach Insolvenzverfahren und Verfahrensstadium unterschiedliche Wirkungen. Hier zeigt sich eine Parallele zum italienischen Sicherheitenrecht. Perspektivisch von großer Bedeutung Die Änderungen im Sicherheitenrecht haben für Sicher und sorgfältig agieren

deutsche Unternehmen aber auch perspektivisch eine große Bedeutung. Im Vorfeld der Präsidentschaftswahl in diesem April war Spitzenkandidat Emmanuel Macron darum bemüht, die Insolvenzzahlen im Land niedrig zu halten, was ihm auch gelungen ist. Rund 30 Milliarden Euro an staatlichen Hilfen sorgen mit dafür, dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ähnlich wie in Deutschland auf einem sehr niedrigen Niveau liegt. „Für deutsche Unternehmen, die Geschäfte mit französischen Partnern machen, ist die Sicherheit niedriger Insolvenzzahlen allerdings trügerisch“, sagt Ehret. Der Kreditversicherer Coface ging bereits im Mai 2021 davon aus, dass es in Frankreich mehr als 20.000 Unternehmen gibt, die eigentlich schon insolvent sind, aber unter anderem durch Corona-Hilfen finanziell am Leben erhalten werden. Es ist davon auszugehen, dass diese versteckten Insolvenzen sichtbar werden, wenn die staatlichen Hilfen auslaufen. Die Unternehmen könnten dann 2022 oder 2023 zahlungsunfähig werden und zu einem Anstieg der Insolvenzen in Frankreich führen – mit entsprechenden finanziellen Risiken für deutsche Geschäftspartner. Hinzu kommt, dass es seit Oktober 2021 in Frankreich zudem ein neues Sanierungsverfahren für kleinere Unternehmen gibt, und Frankreich zudem über das erste europaweit anzuerkennende Präventivverfahren verfügt. Drohendes Berufsverbot Aber nicht nur für Unternehmen, die Geschäfte mit französischen Partnern machen, sondern auch für deutsche Unternehmen, die in Frankreich Tochtergesellschaften haben, gibt es Risiken zu beachten. Von besonderer Bedeutung ist eine Entscheidung des Kassationsgerichtshofs in Paris von Mitte Januar. Darin hat das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Frankreich Anforderungen an Geschäftsleiter aufgestellt, die den Sorgfaltspflichten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gemäß § 15b der deutschen Insolvenzordnung sehr ähnlich sind. Hintergrund ist, dass in Frankreich – anders als in Deutschland – eine Insolvenzverschleppung – also das (bewusst) zu späte Stellen eines Insolvenzantrags – per se nicht strafbar ist. „Es ist allerdings möglich, dass Geschäftsleitern verboten wird, die Leitung von Unternehmen zu übernehmen, wenn sie bewusst keinen Insolvenzantrag gestellt haben, obwohl sie dazu verpflichtet waren,“ sagt Ronan Dugué von Schultze & Braun. „Französische Gerichte können in jeder Insolvenz zur konkreten Prüfung angerufen werden, ob ein Geschäftsleiter seine Pflicht im Zusammenhang mit einem Insolvenzantrag mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters eingehalten hat. Er muss ihn spätestens 45 Tage stellen, nachdem er wusste, dass sein Unternehmen zahlungsunfähig war.“ Es zeigt sich, dass deutsche Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen nach Frankreich gut daran tun, sich mit den Änderungen im französischen Sicherheitenrecht und der aktuellen Rechtsprechung zu befassen – um sich gegen Forderungsausfälle bei einer Krise des französischen Geschäftspartners abzusichern. Aber auch, um ihre Geschäftsleiter vor möglichen Berufsverboten und Haftungsansprüchen im Falle einer Krise des eigenen Tochterunternehmens in Frankreich zu schützen.

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