Krise & Chance Juni 2025

KRISE CHANCE präsentiert von Juni 2025 Neues zu Restrukturierung und Insolvenz SONDERINSOLVENZRECHT FÜR KRYPTO-ASSETS TEIL 5 VON „Erfolgsfaktor Sanierung“ XXL-FORMAT MIT SPEZIAL „RECHTSFRAGEN IN DER SANIERUNG“ Foto: Igor Faun – stock.adobe.com

Im Mai gab es gleich zwei Wahlen, bei denen die Aufmerksamkeit sehr groß war. Zunächst haben sich viele Augen auf den Reichstag gerichtet, die dann angesichts der Entwicklung im ersten Wahlgang wohl ungläubig gerieben wurden. Doch nicht nur bei der Kanzlerwahl, sondern auch bei den unterschiedlichen Sanierungsverfahren für Unternehmen spielen Mehrheiten eine entscheidende Rolle. Grund genug also, einen Blick darauf zu werfen (Grafik KI-generiert). Verfahren Erforderliche Mehrheit(en) Bemerkungen Außergerichtliche Einigung 100 % Zustimmung aller betroffenen Gläubiger erforderlich Keine gesetzliche Regelung; basiert auf freiwilliger Zustimmung aller Gläubiger. StaRUG 75 % Summenmehrheit in jeder Gläubigergruppe Keine Kopfmehrheit erforderlich; Möglichkeit des CramDowns, d. h. Überstimmung ablehnender Gläubigergruppen unter bestimmten Voraussetzungen. Eigenverwaltung 50 % Kopfmehrheit und 50% Summenmehrheit in jeder Gläubigergruppe Verfahren erfolgt unter Aufsicht eines Sachwalters; Schuldner behält die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis. Schutzschirm 50 % Kopfmehrheit und 50% Summenmehrheit in jeder Gläubigergruppe Voraussetzung: drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung; Eigenverwaltung wird beantragt; Schutzschirm wird für maximal drei Monate gewährt. Regelinsolvenz 50 % Kopfmehrheit und 50 % Summenmehrheit in jeder Gläubigergruppe Verfahren wird von einem Insolvenzverwalter geführt; Schuldner verliert die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis. TICKER MEHRHEITEN, GLÄUBIGE UND GLÄUBIGER Weitere Informationen und Hinweise zu außergerichtlichen Restrukturierungs- und Sanierungsmaßnahmen, dem vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahren StaRUG, aber auch den Verfahren und Instrumenten des Insolvenzrechts gibt es in der Broschüre „Sanierungsmöglichkeiten“ von Schultze & Braun, die sich Interessierte kostenfrei auf der Website der bundesweit vertretenen Kanzlei anschauen und herunterladen können. Denn Fakt ist: Eine Sanierung ist immer eine Sondersituation. Daher ist es wichtig, die einzelnen Instrumente und -verfahren und ihre Besonderheiten zu kennen. Kurz nach der Kanzlerwahl richteten sich die Augen vieler Gläubigen auf einen Schornstein in Rom. Das Konklave hatte begonnen und rund 130 Kardinäle haben darüber entschieden, wer der neue Papst wird. Die entscheidenden Gremien in Insolvenzverfahren sind der Gläubigerausschuss und die Gläubigerversammlung. In ihnen können die Gläubiger eines insolventen Unternehmens ihre Interessen vertreten. Denn im Fokus einer Insolvenz steht die Befriedigung der Gläubiger. Anders als beim Konklave, bei dem die Teilnehmenden klar sind – Kardinäle, die jünger als 80 Jahre sind – stehen Gläubiger aber oftmals vor der Frage, inwieweit sie einen Vertreter in ein Gläubigerkomitee entsenden können, sollten oder sogar müssen. Die Antwort auf diese Frage gibt Dr. Ludwig J. Weber von Schultze & Braun in seinem Beitrag auf dem Blog der Kanzlei.

Am 21. Juni ist der Tag der Sommersonnenwende. Mit den meisten Stunden an Tageslicht im Jahr bringt uns dieser Tag aber nicht nur zusätzliche Sonnenstunden, sondern erinnert uns auch daran, dass jeder Wendepunkt Licht ins Dunkle bringt. Genau das leistet diese besondere Ausgabe von Krise & Chance: Wie immer beleuchten wir drei Themen aus den Bereichen Insolvenz und Restrukturierung – dieses Mal aber im XXL-Format. Kryptowährungen sind eine junge Assetklasse. Jedoch haben bereits mehrere Insolvenzen von sogenannten Kryptoverwahrern für große Aufmerksamkeit gesorgt. Martin Kropp und René Schmidt von Schultze & Braun erläutern im Titel-Interview dieser Ausgabe, warum gerade auch Insolvenzverwalter und Sanierungsberater sich mit den Besonderheiten in Krypto-Insolvenzverfahren vertraut machen sollten und ordnen den regulatorischen Rahmen samt einem partiellen Sonderinsolvenzrecht für die Kryptomärkte ein, der in den letzten Jahren auf europäischer und nationaler Ebene geschaffen wurde. Die Sicherstellung oder die Beschaffung von Liquidität spielt aber nicht nur in der digitalen Finanzwirtschaft, sondern gerade auch in der Realwirtschaft eine maßgebliche Rolle. Im Interview sprechen Thomas Vinnen, der geschäftsführende Gesellschafter der Nord Leasing, und Dr. Ludwig J. Weber von Schultze & Braun darüber, wie mittelständische Unternehmen durch Sale and Lease-Back oder Sale and Rent-Back-Lösungen E D I T O R I A L schnell Kapital aus Maschinen und Anlagen freisetzen. Ein wichtiges Ventil angesichts der zunehmend strengen Bedingungen für Bankfinanzierungen. Ein Unternehmen möglichst als Ganzes zu erhalten steht nachvollziehbarerweise im Fokus einer Sanierung. Mitunter zeigt sich aber auch, dass die bisherige Aufstellung eines Unternehmens ein Grund für die wirtschaftliche Schieflage war und ist. Im fünften Teil unserer Serie „Erfolgsfaktor Sanierung“ geht es um die Sanierung der Haas-Gruppe und die zielgerichtete Zusammenarbeit zwischen dem Insolvenzverwalter und den M&A-Beratern, bei der auch der Faktor Zeit eine wichtige Rolle gespielt hat. Und auch nach dieser großen thematischen Bandbreite sind wir noch nicht am Ende unserer XXL-­ Ausgabe angekommen. In Interviews sprechen die vier Referenten des Seminars „Rechtsfragen in der Sanierung“, für das sich Interessierte für Anfang Juli noch anmelden können, unter anderem über Sanierungskonzepte und -gutachten, die Insolvenzanfechtung, das StaRUG und die Restrukturierung aus Bankensicht. Es zeigt sich, nicht nur in Krise & Chance, sondern auch bei Rechtsfragen in der Sanierung gibt es eine große thematische Bandbreite. Ich wünsche Ihnen eine interessante XXL-Lektüre, Ihr Tobias Hirte

Lex Greensill, der Namensgeber der Greensill Bank kam 1976 in Australien zur Welt. Die Klage des Insolvenzverwalters der Greensill Bank mit Sitz in Bremen gegen frühere Vorstände und Aufsichtsräte wirft ein Schlaglicht auf die Haftungsrisiken von Organen in Krisensituationen – wobei bei der Greensill Bank der Vorwurf im Raum steht, dass der Zusammenbruch des Geldhauses gezielt herbeigeführt worden wäre. Fakt ist: Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten wie diesen ist kein Unternehmen davor gefeit, in eine wirtschaftliche Schieflage zu gerade. Wenn das der Fall ist oder ihr Unternehmen absehbar in eine Krise zu geraten droht, sollten Geschäftsleiter die möglichen Haftungsrisiken im Blick haben – gerade, da diese für sie nach der aktuellen BGH-Rechtsprechung auch nach ihrem Ausscheiden weiterhin von großer Bedeutung sind. Thomas Dömmecke und Karsten Kiesel von Schultze & Braun erläutern im Interview auf dem Blog der Kanzlei, worauf Geschäftsleiter in diesem Zusammenhang achten sollten. Gerade in einer Krise des Unternehmens sind aber auch die Anforderungen an Aufsichtsräte besonders hoch. Hinzu kommt, dass es für sie zahlreiche Haftungsrisiken gibt, wenn sie ihren Überwachungs- und Kontrollpflichten nicht oder nur unzureichend nachkommen. Im Interview auf dem Blog von Schultze & Braun erläutert Thomas Dömmecke, die Punkte, die Aufsichtsräte in diesem Zusammenhang im Blick haben sollten. Aber auch Rechtsanwälte und Steuerberater, die Unternehmen beraten, sollten das Risiko einer persönlichen Haftung nicht unterschätzen. Das gilt umso mehr, da durch den BGH Ende 2023 die Haftungsrisiken im Zusammenhang mit der Insolvenzantragspflicht erheblich erweitert worden sind. In ihrem Beitrag ordnen Thomas Dömmecke und Dr. Ludwig J. Weber von Schultze & Braun auf dem Blog der bundesweit vertretenen Kanzlei die Entscheidung und ihre Auswirkungen ein. Die Insolvenzantragspflicht greift seit dem 1. Januar 2024 wieder in vollem Umfang. Das heißt, dass ein Geschäftsleiter nun wieder nachweisen muss, dass sein Unternehmen die nächsten zwölf Monate durchfinanziert ist. Wenn klar ist, dass das nicht der Fall ist, müssen Geschäftsleiter innerhalb der gesetzlichen Frist einen Insolvenzantrag stellen – gerade auch, um sich vor einer möglichen persönlichen Haftung zu schützen. Was das für Geschäftsleiter bedeutet und was sie machen können, um Haftungsrisiken zu vermeiden, erläutern Thomas Dömmecke und Dr. Ludwig J. Weber in ihrem Beitrag auf dem Blog von Schultze & Braun. Doch wie lässt sich eine Krise frühzeitig erkennen? Die Anzeichen für eine Krise und wie Geschäftsleiter diese erkennen, erläutern Stefan Höge und René Schmidt von Schultze & Braun auf dem Blog der Kanzlei. AUSTRALIEN, BREMEN UND HAFTUNGSRISIKEN Das aktuelle NPL-Barometer (Frühjahr 2025) der Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing (BKS) und der Frankfurt School of Finance & Management zeigt eine weitere substantielle Zunahme der Volumina notleidender Kredite (Non-Performing Loans, NPL). Die Mehrheit der für das NPL-Barometer befragten Bankenvertreter (72%) erwartet für Ende 2025 ein NPL-Volumen zwischen 40 und 50 Milliarden Euro. Für 2026 prognostizieren fast 40 Prozent einen Anstieg auf 50-60 Milliarden Euro, während über 30 Prozent sogar mit einem Wachstum auf über 60 Milliarden Euro rechnen. Die Jubiläumsausgabe zum zehnjährigen Bestehen des NPL-Barometers offenbart eine leichte Abschwächung der Marktdynamik mit einem Rückgang des Klimawerts von 0,45 (Sommer 2024) auf aktuell 0,31, jedoch bewegt er sich weiterhin auf historisch hohem Niveau. Die stärksten Stresssignale SUBSTANTIELLE ZUNAHME NOTL TICKER

Auch sieben Jahre nach ihrem Inkrafttreten werden die immensen Auswirkungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) für die wirtschaftliche Betätigung häufig noch unterschätzt. Auf ein besonders markantes Beispiel weist Dr. Michael Rozijn von Schultze & Braun hin: Die Anforderungen an den Datenschutz werden mitunter so hoch angesetzt, dass die sanierende Übertragung von Unternehmen und damit auch der Erhalt von Arbeitsplätzen beschränkt wird oder gar scheitert. Dieser Effekt ist gerade auch angesichts der steigenden Insolvenzzahlen von großer Brisanz. Die sanierende Übertragung von Unternehmen und Betriebsteilen erhöht die Verwertungsmasse und sichert Arbeitsplätze. Der Datenschutz stellt aber so hohe Anforderungen an den richtigen Umgang mit personenbezogenen Daten, dass solche sanierenden Übertragungen oftmals nicht möglich oder unattraktiv werden. Für den Erwerber insolventer Unternehmen sind Kunden-, Lieferanten- und Beschäftigtendaten von elementarem Interesse und ein zentraler Faktor für die Investitionsentscheidung – mitunter sogar schon vor, spätestens aber beim und nach dem Vertragsabschluss. Hier geht es um den Goodwill eines Unternehmens, für den auch hohe Preise bezahlt werden. Die Landesdatenschutzbehörden haben jedoch in der Datenschutzkonferenz in zwei unterschiedlichen Beschlüssen in 2019 und 2024 definiert, unter welchen Bedingungen welche personenbezogenen Daten in welcher Phase eines Asset Deals überhaupt offengelegt und übertragen und ob diese vom Erwerber zu eigenen Zwecken überhaupt genutzt werden dürfen, dabei aber die Besonderheiten des Asset Deals aus der Insolvenz und die gesetzlichen Verpflichtungen eines Insolvenzverwalters außer Acht gelassen. Im Interview auf dem Blog von Schultze & Braun erläutert Rozijn anhand mehrerer Punkte, warum Insolvenzverwalter hier im Konflikt mit dem Datenschutz stehen, wenn sie ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachkommen wollen, die Vermögenswerte des insolventen Unternehmens zum Zwecke der Gläubigerbefriedigung zu verwerten. Und er stellt dar, welche Lösungsmöglichkeiten es geben kann. DISTRESSED M&A, DATENSCHUTZ UND DAS VERFLIXTE SIEBTE JAHR LEIDENDER KREDITE senden gewerbliche Immobilienkredite. In diesem Segment steigt die NPL-Quote auf fast sechs Prozent (Vorjahr: 4,8%). Rund zwei Drittel der befragten Institute berichten von wachsenden NPL-Beständen in diesem Bereich, während die Hälfte mit einer weiteren Verschlechterung rechnen. Umso wichtiger ist es für Banken, sich mit den Lösungen zu befassen, die es für sie bei der Schieflage eines Eigentümers oder einer Besitzgesellschaft gibt, und welche Vorteile eine Treuhand und die Zwangsverwaltung einer Immobilie haben können. Diese Optionen und ihre Vorteile ordnen Dr. Ludwig J. Weber und Rüdiger Bauch von Schultze & Braun in ihrem Beitrag „Finanziell einsturzgefährdet: Immobilien und Kredite in Not“ in der Jahrespublikation der BKS ein.

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Krypto-Assets sind zu einem integralen Bestandteil der Finanzwirtschaft geworden und halten zunehmend Einzug auch in Bereichen des Wirtschaftslebens jenseits der Finanzwirtschaft. Gleichzeitig sind allein in den letzten drei Jahren mindestens vier große Krypto-Handelsplattformen zusammengebrochen. Martin Kropp und René Schmidt von Schultze & Braun erläutern, warum gerade auch Insolvenzverwalter und Sanierungsberater sich mit den Besonderheiten in Krypto-Insolvenzverfahren vertraut machen sollten und ordnen den regulatorischen Rahmen samt einem partiellen Sonderinsolvenzrecht für die Kryptomärkte ein, der in den letzten Jahren auf europäischer und nationaler Ebene ein geschaffen wurde. Herr Kropp, Herr Schmidt, seit dem Jahreswechsel 2024/2025 sind neue insolvenzrechtliche Regelungen mit Blick auf Insolvenzen im Kryptosektor in Kraft. Wie sehen diese aus? Kropp: Den Regelungsort für die neuen insolvenzrechtlichen Vorschriften bilden das Ende Dezember 2024 verkündete Finanzmarktdigitalisierungsgesetz, kurz FinmadiG, und das im Zuge dessen in Kraft getretene Kryptomärkte Aufsichtsgesetz, abgekürzt KMAG. Das FinmadiG nimmt eine nachträgliche Zweiteilung der Kryptowerte vor und weist ersten älteren Regelungen im Kreditwesengesetz, dem KWG, die bereits 2023 in Kraft getreten waren, nun eine gewisse Auffangfunktion für bestimmte Arten von kryptografisch repräsentierten Werten beziehungsweise kryptografischen Schlüsseln zu. Den wesentlichen Hintergrund hierfür bildet die „Marketsin-Crypto-Assets Regulation“ Verordnung, die MiCAR, aus Brüssel, die in der letzten Stufe ebenfalls zum Jahresende 2024 anwendbar geworden ist. Schmidt: Mit der MiCAR wurde ein umfassendes und europaweit einheitliches regulatorisches Rahmenwerk für die Emission, sowie den Handel und die Verwahrung von Kryptowerten geschaffen. Kryptowerte versteht die MiCAR als eine digitale Darstellung eines Wertes oder Rechts unter Verwendung einer Distributed-Ledger-Technologie, zumeist bekannt in der Ausprägung als Blockchain-Technologie. Hierzu zählen sogenannte Currency-Token wie Bitcoin, Ethereum oder Tether, E-Geld-Token und UtilityToken. Im Sinne der von meinem Kollegen Martin Kropp angesprochenen Aufgliederung sind aus dem Anwendungsbereich der MiCAR insbesondere solche kryptografischen Instrumente ausgenommen, die bereits als Finanzinstrumente im Sinne der MiFID IIRichtlinie gelten. Dies betrifft vor allem Token, die rechtlich Wertpapiere wie Aktien, Anleihen oder Derivate darstellen. Man spricht in Anlehnung an den englischen Begriff für Wertpapier, „Security“, von Security Token. Statt dem KMAG gelten für diese grundsätzlich die parallel angelegten Regelungen im KWG. Die Geltung unterschiedlicher Aufsichtsgesetzte und die Zuordnung der verschiedenen Kryptowerte klingen, als wäre die rechtliche Regulierung des Kryptosektors ähnlich komplex geraten wie die Kryptowerten zugrunde liegende Technik. Schmidt: In der Tat – durch die Zweigliedrigkeit sowohl im europäischen Recht wie auch in der deutschen Ausführungsgesetzgebung ist die Materie unübersichtlich und komplex. Hinzu kommen Spezialgesetze für weitere Ausformungen digitaler Finanzinstrumente wie beispielsweise das Gesetz über die Einführung elektronischer Wertpapiere, dem eWpG. T I TEL Foto: Igor Faun – stock.adobe.com

Dies stellt einen weiteren Grund für Insolvenzverwalter und Sanierungsberater dar, sich mit den insolvenzrechtlichen Regelungen zu befassen. Bei der Verwahrung von Kryptowerten geht es inzwischen um Milliardenwerte für Privatanleger, vor allem aber auch für institutionelle Anleger wie Fonds und Family-Offices. Oder anders formuliert: Die Auswirkungen einer Insolvenz im Kryptosektor können wirtschaftlich enorm sein, was wiederum auch die große internationale Aufmerksamkeit von bisherigen Kryptoinsolvenzen wie etwa die der Kryptobörse FTX, der Krypto-Leihplattform Genesis oder des Kryptounternehmens BlockFi erklärt. Kropp: Aufsichtsbehörde ist aber in allen Fällen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, also die BaFin. Vergleichbar der Situation bei Banken oder Kapitalverwaltungsgesellschaften darf im Rahmen dessen ausschließlich die BaFin einen Insolvenzantrag stellen. Kryptoverwahrer ihrerseits sind bei einer eventuellen finanziellen Schieflage verpflichtet, dies der BaFin anzuzeigen. Gibt es besonderes Gefahrenpotential bei der Insolvenz eines Kryptoverwahrers? Kropp: Ja, das besondere Gefahrenpotential, das mit einer Insolvenz von Kryptoverwahrern verbunden ist, hängt neben der schon angesprochenen Größe der Anlagevolumina im Ausgangspunkt wesentlich mit der technischen Funktionsweise von Kryptowerten zusammen: Ein Kryptoverwahrer verwahrt nicht die eigentlichen Kryptowerte, sondern lediglich kryptografische Schlüssel. Die Kryptowerte beziehungsweise die sie repräsentierenden kryptographischen Werteinheiten, die Token oder Coins, liegen in einer zumeist öffentlichen Blockchain. Einzelne Krypto- oder Werteinheiten werden einer Person dabei allein über einen korrespondierenden kryptografischen Schlüssel zugewiesen, den sogenannten Private Key. Auch wenn Kryptowährungen wesentlich auf der Idee von unmittelbaren Transaktionen ohne Beteiligung von Dritten wie Banken beruhen, bedient sich inzwischen das Gros derer, die am Krypto-Trend partizipieren wollen und in Kryptowerte investieren, eines Kryptoverwahrers. Die Verwahrung der kryptografischen Schlüssel erfolgt in sogenannten Wallets, entweder für einzelne Kunden in individuellen Wallets oder gemeinsam für eine Vielzahl von Kunden in sogenannten Omnibus-Wallets. Schmidt: Mit der Entscheidung für einen Kryptoverwahrer gibt der Kunde seine digitalen Vermögenswerte in dessen Hand. Der Kunde selbst kann regelmäßig nicht mehr unmittelbar über die sie verfügen; er ist auf den Kryptoverwahrer angewiesen. Die Vertragsbeziehung zwischen Verwahrer und Kunden ist dabei in der Regel wesentlich als Treuhandverhältnis ausgestaltet. Im Falle der Insolvenz des Kryptoverwahrers stellt sich für den Kunden damit zentral die Frage, ob er eine privilegierte Gläubigerstellung im Insolvenzverfahren hat. Entscheidend ist für den Kunden, ob er an die notwendigen kryptografischen Schlüssel und damit an seine Werte gelangt, oder ob er lediglich einfacher Insolvenzgläubiger ist, also ein Gläubiger ohne besondere Sicherungsrechte oder sonstige Privilegierung. Wäre Zweiteres der Fall, hätte er lediglich Anspruch auf eine Insolvenzquote – und dies auch erst am Ende des Insolvenzverfahrens. Angesichts der durchschnittlichen Insolvenzquoten würde man in der Anlegerdiktion fast zwangsläufig einem faktischen Totalverlust prognostizieren müssen. Ziel auf Anlegerseite

muss daher die Erlangung einer Stellung als aussonderungsberechtigter Gläubiger sein, um vom Insolvenzverwalter unmittelbar die Herausgabe der betreffenden Kryptowerte verlangen zu können. Kann sich denn ein Anleger gegenüber dem Insolvenzverwalter eines Kryptoverwahrers überhaupt auf ein Aussonderungsrecht berufen? Kropp: Jedenfalls in der Vergangenheit hätte man an dieser Stelle zunächst den geflügelten Grundsatz der Krypto-Szene „not your keys, not your coins“ anführen müssen: Da bei Kryptoverwahrern in der Regel allein der Verwahrer über den kryptografischen Schlüssel für den Kryptowert verfügt, würden technisch gesehen die Kryptowerte dem Kryptoverwahrer zugeordnet werden und insolvenzrechtlich würden die Kryptowerte damit grundsätzlich in die Insolvenzmasse fallen, ohne dass der Anleger einen Herausgabeanspruch hat. Schmidt: Um zu einem privilegierten Herausgabeanspruch an den verwahrten Kryptowerten zu gelangen, blieb Anlegern in der Vergangenheit nur der Nachweis, dass bei der Verwahrung die strengen und im Einzelnen umstrittenen Voraussetzungen einer fremdnützigen Treuhand erfüllt sind. Bei der Treuhand muss das Treugut vom eigenen Vermögen des Treuhänders getrennt verwahrt und bestimmt, zumindest aber bestimmbar sein. Wovon hängt es ab, ob eine fremdnützige Treuhand für einen privilegierten Herausgabeanspruch vorliegt? Kropp: Ob und inwieweit die rechtlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer solchen fremdnützigen Treuhand im Einzelfall gegeben sind, hinge von verschiedenen Faktoren ab – neben der vertraglichen Ausgestaltung des Verwahrverhältnisses beispielsweise auch die Qualität der internen Registrierung und der tatsächlichen Ausgestaltung der Verwaltung der für den Kunden gehaltenen Kryptowerte durch den Verwahrer. Besondere Schwierigkeiten drohen, wenn der Kryptoverwahrer nicht für jeden Kunden ein eigenes Wallet führt, sondern, wie es verbreiteter Praxis entspricht, Kryptowerte verschiedener Kunden in einem Omnibus-Wallet poolt, also eine Sammelverwahrung betreibt. Schmidt: Vor diesem Hintergrund verpflichtet der europäische Gesetzgeber Kryptoverwahrer, für Kunden verwahrte Kryptowerte insbesondere getrennt von Eigenbeständen an Kryptowerten zu verwahren. Vor allem aber hat der deutsche Gesetzgeber dankenswerterweise diesbezüglich auch für weitgehende Klarheit und Erleichterungen für Anleger gesorgt. Für Kryptowertpapiere bestand schon seit dem Jahr 2021 mehr Rechtssicherheit, da diese nach dem eWpG als „Sache“ gelten und insoweit unmittelbar Gegenstand eines insolvenzrechtlichen Aussonderungsrechts sein können. Wie sehen die gesetzlichen Regelungen für die Kryptowerte konkret aus? Kropp: Bereits im Jahr 2023 hat der Gesetzgeber die Frage der Zugehörigkeit von Kryptowerten in der Insolvenz eines Kryptoverwahrers im Sinne der Anleger geregelt: Kryptowerte und kryptografische Schlüssel fallen gemäß § 46i Absatz 1 KWG grundsätzlich nicht in die Insolvenzmasse, sondern gelten regelmäßig als dem Anleger gehörend. Durch das FinmadiG wurde zum Jahreswechsel 2024/2025 mit § 45 Absatz 1 KMAG eine parallele Regelung für einen Teilbereich von Kryptowerten eingeführt. Die gesetzliche Fiktion gilt ausdrücklich auch in Fällen einer gemeinschaftlichen Verfahrung in OmnibusT I TEL Foto: Igor Faun – stock.adobe.com

Wallets. Die gesetzliche Regelung soll die Prüfung der Anforderungen, die die Rechtsprechung an Treuhandverhältnisse stellt, entbehrlich machen. Vom Gesetz ausgenommen sind aber Fälle, in denen der Kunde ausdrücklich darin eingewilligt hat, dass die Verwahrung für Rechnung des Kryptoverwahrers oder eines Dritten erfolgt. Dies kann abhängig von der jeweiligen Ausgestaltung beispielsweise bei besonderen angebotenen Diensten wie dem sogenannten Lending, das die klassischen Risiken einer Darlehensvergabe beinhaltet oder dem Staking der Fall sein. Was verbirgt sich hinter Staking – warum können sich dort Ausnahmen ergeben? Schmidt: Staking beruht auf einem beispielsweise bei der Krypto-Währung Ethereum eingesetzten Validierungsverfahren, einem sogenannten Proof-ofStake-Verfahren, bei dem möglichst große Kryptobestände gegen Gewährung einer Prämie, dem sogenannten Reward, befristet gesperrt werden. Auf diese Weise können Inhaber von Krypto-Beständen, die sich eines entsprechenden Validierungsverfahrens bedienen, die Bestände unabhängig von der eigentlichen Wertentwicklung nutzen, um zinsähnlich laufende Einnahmen zu generieren. Neben gewissen technisch begründeten Risiken gehen mit dem Staking auch erhöhte Insolvenzrisiken einher – abhängig auch davon, ob der jeweilige Kryptoverwahrer selbst als Validator fungiert oder sich wiederum eines dritten Dienstleisters bedient. Gibt es im Fall der Sammelverwahrung in einem Omnibus-Wallet Besonderheiten zu beachten? Schmidt: Im Fall der Sammelverwahrung in einem Omnibus-Wallet besteht grundsätzlich ein Aussonderungsrecht auf den dem Kunden zustehenden Anteil an den gemeinschaftlich verwahrten Kryptowerten. Insoweit ist sicherzustellen, dass die jeweiligen Anteile der einzelnen Kunden am Gesamtbestand jederzeit bestimmbar sind. Dafür müssen die Kryptoverwahrer eine geeignete Registratur vorhalten. Kropp: Eine strikte Trennung verlangen Artikel 75 Absatz 6 MiCAR beziehungsweise § 26b KWG allerdings zwischen den für Kunden treuhänderisch verwahrten Kryptowerten und etwaigen eigenen Kryptowertbeständen des Kryptoverwahrers. Insoweit ist eine Sammelverwahrung von Eigenwerten und Fremdwerten unzulässig. Gibt es Besonderheiten bei vermögenswertereferenzierten Token? Kropp: Ja, für Emittenten vermögenswertereferenzierter Token, zu denen asset referenced token, abgekürzt „ART“ und E-Geld- bzw. E-Money-Token, abgekürzt „EMT“, zählen, gibt es weitere Besonderheiten. Bei solchen Token, die landläufig auch als Stable Coins bezeichnet werden, handelt es sich um Kryptowerte, die auf die Erhaltung einer stabilen Wertreferenz abzielen, indem sie an ein gesetzliches Zahlungsmittel wie zum Beispiel US-Dollar oder Euro, oder andere Vermögenswerte wie zum Beispiel Gold, Wertpapiere aber auch Kryptowerte oder Kombinationen hiervon als Referenz anknüpfen, die damit aber auch ein besonderes Risikopotential für die Stabilität und Integrität des Marktes mit sich bringen. Die Emittenten sind gesetzlich verpflichtet, Reservevermögen vorzuhalten. Schmidt: Die Emittenten von Stable Coins müssen die Geldbeträge, die sie als Gegenwert für ihre Kryptowerte erhalten, in risikoarme,

hochliquide Finanzinstrumente mit minimalen Markt-, Kredit- und Konzentrationsrisiken zu investieren. Welche insolvenzrechtlichen Regelungen gelten für entsprechende Reservevermögen? Kropp: In Umsetzung der MiCAR-Regelungen enthält § 28 KMAG ergänzende Bestimmungen zum Reservevermögen und zur Sicherung von im Rahmen der Emittierung entgegengenommener Geldbeträge. Nach § 28 Absatz 8 Satz 1 KMAG als zentrale insolvenzrechtlichen Weichenstellung fällt das Reservevermögen im Insolvenzfall des Emittenten nicht in die Insolvenzmasse. § 28 Absatz 1 KMAG ordnet die Trennung des Reservevermögens vom übrigen Vermögen des Instituts an. § 28 Absatz 2 KMAG sichert den Fall einer Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Emittenten ab, um das Reservevermögen dem Zugriff sonstiger Gläubiger zu entziehen. Die BaFin hat nach Artikel 47 der MiCAR die Möglichkeit, die Aufstellung eines sogenannten Rücktauschplans anzuordnen. Schmidt: Gemäß § 28 Absatz 3 KMAG muss der Emittent in diesem Fall einen Abwickler bestellen, dem die Umsetzung des Rücktauschplans obliegt. Der Abwickler verwertet das Reservevermögen und kehrt den Erlös nach Abzug der Kosten und Vergütung anteilig an die Inhaber der betreffenden Kryptowerte aus. Sollten Inhaber keine vollständige Befriedigung durch die Erlösauskehr erhalten, können sie anteilsmäßige Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen. Umgekehrt fallen etwaige Vermögenswerte, die nach Durchführung des Rücktauschplans verbleiben, an die Masse. Wer trägt bei der Insolvenz eines Kryptoverwahrers die Kosten für die Aussonderung von Krypto-Assets? Schmidt: Entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nach dem der Insolvenzverwalter die Kosten der Bereitstellung der Sache trägt, der Gläubiger die Kosten der Abholung, hat der Gesetzgeber bereits im KWG und nun auch im KMAG insolvenzrechtlich bei der Aussonderung einen besonderen Weg beschritten. § 47 der InsO regelt die Frage der Kostentragung gesetzlich überhaupt nicht. Es entspricht aber dem allgemeinen Verständnis, dass nur die Kosten für die Prüfung der Antwort auf die Frage „Besteht ein Aussonderungsrecht?“ zu Lasten der Insolvenzmasse gehen, während die Kosten für die Abholung des auszusondernden Vermögenswertes der Aussonderungsberechtigte zu tragen hat. Kropp: Für Kryptowerte sehen § 45 Absatz 3 KMAG und parallel § 46i Absatz 3 KWG einen Sonderweg vor. Danach trägt der Kunde die Kosten der Aussonderung, wenn er einer gemeinschaftlichen Aussonderung aller betroffenen Kryptowerte durch Übertragung der Werte von dem insolventen Verwahrer an einen vom Insolvenzverwalter bestimmten anderen Kryptoverwahrer nicht zustimmt. Dabei ist der Kunde dem Insolvenzverwalter und dessen Entscheidungen aber nicht vollständig ausgeliefert. So gilt die Kostentragungspflicht nicht, wenn die Bedingungen für eine Fortführung des Verwahrverhältnisses des vom Insolvenzverwalter benannte Alternativanbieter für den Kunden unzumutbar sind. Damit gilt aber auch zugleich: Stimmt der Kunde dem Wechsel zu dem vom Insolvenzverwalter angebotenen neuen Kryptoverwahrer zu, können ihm keine Kosten auferlegt werden. T I TEL Foto: Igor Faun – stock.adobe.com

Die Interviewpartner: Martin Kropp ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht am Bremer Standort von Schultze & Braun. Zu seinen Spezialgebieten zählen das Kreditrecht und insolvenznahe Themen für Banken. René Schmidt ist Rechtsanwalt am Leipziger Standort von Schultze & Braun. Er ist in der vorinsolvenzlichen Beratung und als Prozessanwalt tätig. Welche Belastungen für die Insolvenzmasse bedeutet das? Kropp: Da ein Wechsel des Kryptoverwalters mit nicht unerheblichem organisatorischem Aufwand und entsprechenden Kosten verbunden sind, wird insbesondere von Insolvenzverwalterseite kritisiert, dass die gesetzliche Regelung eine unbillige Belastung der Insolvenzmasse und damit gerade derjenigen Insolvenzgläubiger mit sich bringt, die selbst mangels privilegiertem Aussonderungsrecht gar nicht an den verwahrten Kryptowerten partizipieren. Schmidt: Tatsächlich wird man jedoch davon ausgehen können, dass Kundenportfolien eines insolventen Kryptoverwahrers für Wettbewerber durchaus reizvoll sind. Es dürfte zu erwarten sein, dass Wettbewerber Insolvenzverwaltern von Kryptoverwahrern nicht nur einen kostenfreien Transfer der Bestände anbieten, sondern darüber hinaus auch bereit sind, dem Insolvenzverwalter ein Entgelt für die Möglichkeit zu zahlen, die Verwahraufträge mit den Kunden zu übernehmen. Den Wettbewerbern eröffnet sich durch die Übernahme der Werte die Gelegenheit, auf einen Schlag und ohne Aufwendungen für Werbung einen signifikanten Kundenzuwachs zu generieren und ihre Wettbewerbssituation auszubauen. Nicht nur dieser Umstand zeigt, dass es bei Insolvenzen von Kryptoverwahrern – nicht nur, aber eben gerade auch bei der Aussonderung von Kryptowerten – verschiedene Besonderheiten zu beachten gibt. Was raten Sie Insolvenzverwaltern und Sanierungsberatern abschließend bei der Insolvenz eines Kryptoverwahrers? Kropp: Zusammengefasst zeigt sich, dass im Fall einer Insolvenz eines Kryptoverwahrers Kunden aufgrund der gesetzlichen Regelungen grundsätzlich über ein Aussonderungsrecht vor einem drohenden Totalverlust geschützt sind. Gleichwohl ist es wichtig, jeden Fall individuell zu betrachten und zu prüfen. Aus den konkreten Umständen der Verwahrung, insbesondere der vertraglichen Gestaltung und etwaigen zusätzlichen Dienstleistungen, können sich für Insolvenzverwalter beziehungsweise möglicherweise aussonderungsberechtigte Kunden durchaus Einschränkungen ergeben, die es zu erkennen gilt.

BANKENUNABHÄNG THEMA Immer mehr mittelständische Unternehmen in Deutschland verzichten bei der Finanzierung ihrer Investitionen auf Bankkredite. Das ist das Kernergebnis einer KfW-Studie aus dem Frühjahr 2025. Unabhängig von Banken an Liquidität zu kommen, ist aber auch wichtig, wenn es für die Unternehmen darum geht, existenzielle Restrukturierungsmaßnahmen umsetzen zu können. Thomas Vinnen, der geschäftsführende Gesellschafter der Nord Leasing und Dr. Ludwig J. Weber, Spezialist für Unternehmensfinanzierung und -restrukturierung bei Schultze & Braun sprechen im Interview über die wachsende Bedeutung bankenunabhängiger Finanzierungen, und sie erläutern die Möglichkeiten, die Sale & Lease Back- sowie Sale & Rent Back-Lösungen bieten. Herr Vinnen, die Nord Leasing ist auf Sale & Lease Back sowie Sale & Rent Back-Lösungen für den Mittelstand spezialisiert. Wie entwickelte sich dieses Geschäft? Vinnen: Der zentrale Antrieb für die Gründung der Nord Leasing vor inzwischen 15 Jahren war und ist ein Missstand, den ich schon lange im Finanzsektor wahrnehme: Die klassische Bankenfinanzierung verliert durch zunehmende Regulierung an Flexibilität, Schnelligkeit und Risikotoleranz. Dadurch entsteht ein strukturelles Vakuum – gerade in Phasen, in denen Unternehmen Tempo, Handlungsspielraum und verlässliche Liquidität brauchen. Dass dieser Trend heute den Mittelstand spürbar erreicht hat, zeigt auch die aktuelle KfW-Studie: Immer mehr Unternehmen weichen auf bankenunabhängige Finanzierungsmodelle aus – weil der Zugang zu Krediten schwieriger wird, selbst bei tragfähigen Geschäftsmodellen. Wie sieht der Ansatz der Nord Leasing aus? Vinnen: Unsere Antwort darauf ist mit Sale & Lease Back und Sale & Rent Back ein bankenunabhängiger, vermögenswertbasierender Ansatz. Diese Instrumente ermöglichen es produzierenden Unternehmen, gebundenes Kapital aus ihrem Maschinenpark freizusetzen – und zwar ohne operative Einschränkungen, ohne Abhängigkeit von Rating-Logiken und mit einer bemerkenswert kurzen Durchlaufzeit: Zwischen Erstgespräch und Liquiditätszufluss liegen bei uns in der Regel nur sechs bis acht Wochen. Über welche Größenordnungen an Liquidität sprechen wir dabei? Vinnen: Heute strukturieren wir Transaktionen mit Zeitwerten zwischen 500.000 und über 20 Millionen Euro – nicht nur zur Überbrückung von Krisen, sondern ebenso zur Finanzierung von Wachstum und Investitionen oder Unternehmensnachfolgen. Und gerade Letzteres wird aus meiner Sicht noch zu wenig gesehen, aber inzwischen bei uns immer öfter nachgefragt: Sale & Lease Back kann eine zentrale Rolle spielen, wenn es darum geht, familiengeführte Betriebe generationenübergreifend liquide und zukunftsfähig aufzustellen. SALE & LEASE BACK UND SALE & R

Herr Weber, Sie beraten regelmäßig Unternehmen bei Finanzierungen und Restrukturierungen. Was sollten Unternehmen bei einer nachhaltig krisenfesten Finanzierung im Blick haben? Weber: Die Vergaberichtlinien für Unternehmenskredite sind deutlich strenger geworden. Gerade mittelständische Unternehmen haben es daher deutlich schwerer, einen Bankkredit zu erhalten. Man kann also durchaus sagen, dass bei Bankkrediten härter selektiert wird – und wir reden hier nicht nur von Unternehmen, deren Geschäftsmodelle langlebig und erfolgreich sind. Gerade in Krisenzeiten – etwa, wenn ein Unternehmen sich restrukturieren muss, um am Markt bestehen zu können – ist es existenziell, dass man über das nötige Kapital verfügt oder auf alternative Finanzierungsquellen zurückgreifen kann. Oder anders formuliert: Wer seine Finanzierung breit aufstellt, ist weniger abhängig von einzelnen Finanzierern und Finanzierungsinstrumenten – nicht nur im Krisenfall ein nicht zu unterschätzender Faktor. Unternehmen sehen sich gerade in Zeiten wie diesen einer Vielzahl an wirtschaftlichen Herausforderungen gegenüber. Fakt ist daher: Kein Unternehmen ist davor gefeit, in eine wirtschaftliche Schieflage zu geraten und sich restrukturieren zu müssen. Was raten Sie Unternehmen, die eine Restrukturierung brauchen? Weber: Grundsätzlich gilt: Je früher eine Restrukturierung angegangen wird, desto höher sind die Erfolgschancen. Viele Geschäftsführer machen den Fehler, dass sie zu lange auf Besserung hoffen und am Ende dann der Handlungsspielraum für eine erfolgreiche Sanierung immer kleiner wird. Wichtig ist, die Augen nicht zu verschließen, wenn ein Unternehmen auf eine Krise zusteuert oder sich bereits in einer befindet, sondern so früh wie möglich mit Gegenmaßnahmen zu beginnen. Zielrichtung und Umfang dieser Maßnahmen hängt in hohem Maße von der konkreten Problemstellung des Unternehmens ab. Ist es ein rein finanzielles Problem oder sehen wir grundlegende Schwächen des Geschäftsmodells? Muss man sich von nicht rentablen Standorten oder Produkten trennen, gibt es einen Mitarbeiterüberhang? Oder erdrücken die Schulden das Unternehmen, das jedoch über ein grundsätzlich rentables Geschäftsmodell verfügt? Von den Antworten auf diese Fragen hängt das Vorgehen, aber auch die dafür benötigte Liquidität ab. Wie können Unternehmen feststellen, wie es um ihre Finanzen steht? Weber: Für eine finanzwirtschaftliche Analyse wird in einem ersten Schritt ein stichtagsbezogener Finanzstatus erstellt, der die verfügbaren liquiden Mittel wie Bar- und Bankguthaben sowie nicht ausgeschöpfte und ungekündigte Kreditlinien den fälligen Verbindlichkeiten gegenüberstellt. Können die fälligen Verbindlichkeiten mit den liquiden Mitteln entsprechend den von GIGE FINANZIERUNG: RENT BACK FÜR DEN MITTELSTAND

THEMA der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen nicht erfüllt werden, kann eine Zahlungsunfähigkeit vorliegen, wenn nicht kurzfristig mit einem Ausgleich gerechnet werden kann. Die Analyse der Ist- und auch Plansituation wird über eine Integrierte Sichtweise von Vermögen, Ertrag und Cash gewährleistet. Im Krisenfall ist auch die Antwort auf die Frage „Ist mein Unternehmen unter Umständen insolvenzreif? Von großer Bedeutung. Wie lässt sich diese Antwort finden? Weber: In einem weiteren Schritt erfolgt nach der finanzwirtschaftlichen Analyse eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung von Vermögen und Verbindlichkeiten. Deckt das vorhandene Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten unabhängig von deren Fälligkeit nicht, so kann eine insolvenzrechtliche Überschuldung vorliegen, sofern keine positive Fortbestehensprognose besteht. Eine solche Prognose wiederum setzt einerseits den Willen zur Fortführung des Unternehmens voraus. Andererseits erfordert sie ein Unternehmenskonzept und eine darauf aufbauende Integrierte Finanzplanung. Hat die Antwort auf die Frage „Ist mein Unternehmen unter Umständen insolvenzreif?“ über das rein Finanzielle hinaus weitere Relevanz? Weber: Ja, denn auch wenn das zunächst hart klingt, sollten sich Geschäftsleiter gerade angesichts der zahlreichen potenziellen Risiken bereits bei ersten Krisenanzeichen regelmäßig mit der Frage „Ist mein Unternehmen unter Umständen insolvenzreif?“ befassen. Denn die Antwort darauf ist für Geschäftsleiter in Bezug auf ihre persönliche Haftung grundsätzlich von großer Bedeutung. Die diesbezüglichen Risiken sind mit dem Ausscheiden der Geschäftsleiter aus dem Unternehmen nicht zuverlässig in den Griff zu bekommen. Denn der BGH hat mit einer Entscheidung aus dem Juli 2024 die Geschäftsleiterhaftung in zeitlicher Hinsicht ausgeweitet. Wie funktioniert eine bankenunabhängige Finanzierung durch das Sale & Lease Back-Modell? Vinnen: Sale & Lease Back ist in seiner Struktur ebenso schlicht wie wirkungsvoll: Unternehmen veräußern mobile Produktionsmittel aus ihrem Anlagevermögen – typischerweise Maschinen beziehungsweise Anlagen – an uns und leasen sie im selben Schritt unmittelbar zurück. Was auf dem Papier nach einer reinen Transaktion aussieht, hat in der Praxis einen tiefgreifenden Effekt: Kapital, das bislang in Maschinen gebunden war, wird binnen weniger Wochen in liquide Mittel umgewandelt – ohne eine einzige Unterbrechung der Produktion, ohne Eingriff in operative Abläufe. Weber: Das Besondere dabei ist, dass die Finanzierung rein objektbasiert erfolgt. Es zählen der MarktDie Interviewpartner: Thomas Vinnen ist seit 2010 Geschäftsführer der Nord Leasing, die auf Sale & Lease-Back sowie Sale & Rent-Back-Lösungen für den Mittelstand spezialisiert ist. Der studierte Bank- und Diplom Kaufmann war davor unter anderem in leitender Funktion bei der DaimlerChrysler AG sowie Vorstand bei WCF Finetrading AG, die er seinerzeit zum führenden Anbieter der Einkaufsfinanzierung in Deutschland ausbaute. Dr. Ludwig J. Weber, LL.M. ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht sowie Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht bei Schultze & Braun. Er ist am Bremer Standort der bundesweit vertretenen Kanzlei tätig. Weber verfügt über langjährige Expertise in den Bereichen Unternehmensfinanzierung sowie Restrukturierung und Sanierung.

wert und die Sekundärmarktfähigkeit der Vermögenswerte – nicht das Bankenrating des Unternehmens. Gerade produzierende Mittelständler mit hochwertigen Maschinenparks, aber herausfordernder Bilanzstruktur, profitieren von diesem Ansatz. Wie wird der Wert der Vermögenswerte ermittelt? Vinnen: Die Wertermittlung beginnt mit einer objektbasierten Analyse: Unsere Gutachter bewerten Maschinen und Anlagen auf Basis ihres Marktwerts und ihrer Sekundärmarktfähigkeit. Dafür greifen wir auf aktuelle Marktdaten sowie die Expertise unserer langjährigen Partner im Maschinenhandel zurück. Entscheidend ist nicht der Buchwert, sondern der Betrag, der am Markt tatsächlich realisierbar ist. Aus dieser Bewertung ergibt sich ein Liquiditätseffekt – in der Regel ein hoher Prozentsatz des aktuellen Zeitwerts. Diese Summe fließt dem Unternehmen als sofort verfügbare Mittel zu. Wie wird die Leasingrate strukturiert? Vinnen: Die Leasingrate wird so strukturiert, dass sie zur Cashflow-Situation des Unternehmens passt und dessen Bilanzrelationen gezielt entlastet. Auf diese Weise schaffen wir Finanzierungsspielräume, die für klassische Kreditgeber oft nicht darstellbar sind – gerade dann, wenn Bonität oder Eigenkapitalquote allein nicht ausreichen würden. In welchen Fällen lohnt sich für Unternehmen statt des Leasingmodells eher das Modell Sale & Rent Back? Vinnen: Der zentrale Unterschied liegt im rechtlichen Konstrukt: Beim Sale & Rent Back wird nicht verleast, sondern gemietet. Die Maschinen verbleiben wirtschaftlich im Eigentum des Unternehmens – ein entscheidender Vorteil, wenn sie mit öffentlichen Fördermitteln angeschafft wurden. Denn anders als beim Leasing bleiben Subventionen unberührt; Rückzahlungen entfallen. Gleichzeitig bleiben die Objekte in der Bilanz, was die Abschreibungsfähigkeit erhält. Wie erkennen Unternehmen, ob Leasing oder Miete für sie sinnvoller ist? Vinnen: Das hängt maßgeblich vom Bilanzwert der jeweiligen Vermögenswerte, ihrer Finanzierungshistorie und der angestrebten bilanziellen Wirkung ab. Sale & Rent Back eignet sich besonders dann, wenn buchhalterische Kontinuität oder förderrechtliche Auflagen eine Rolle spielen. In diesen Fällen bietet das Mietmodell die nötige Flexibilität – mit dem gleichen liquiditätswirksamen Effekt wie beim Leasing. Kann das Finanzierungsmodell Sale & Lease Back auch dabei helfen, insolvente Unternehmen zu erhalten? Weber: Ja, denn eine der Stärken von Sale & Lease Back ist seine Anwendbarkeit im Rahmen von Sanierungsvorhaben – insbesondere bei übertragenden Unternehmensübernahmen. Investoren, die ein wirtschaftlich grundsätzlich tragfähiges Unternehmen aus der Insolvenz übernehmen möchten, können die Transaktion unter anderem über Sale & Lease Back mitfinanzieren. Vinnen: Ganz genau. Wir analysieren in solchen Fällen gezielt den Maschinenpark oder andere mobile Vermögenswerte des Zielunternehmens und bewerten diese marktgerecht. Im nächsten Schritt erfolgt der Ankauf und das direkte Rückleasing an den Betrieb. Auf diese Weise kann der Investor einen substanziellen Teil des Kaufpreises bankenunabhängig finanzieren. Das Unternehmen behält seine technischen Anlagen und damit seine Handlungsfähigkeit. Gleichzeitig entsteht sofortige Liquidität, die etwa für Anlaufkosten, Personalmaßnahmen oder die Umsetzung des Sanierungskonzepts genutzt werden kann. Sale & Lease Back wird so zu einem stabilisierenden Finanzierungspfeiler in einer wirtschaftlich sensiblen Phase.

ENTWEDER WIR FINDEN EINEN WEG ODER WIR SCHAFFEN EINEN Ein Unternehmen möglichst als Ganzes zu erhalten steht nachvollziehbarerweise im Fokus einer Sanierung. Mitunter zeigt sich aber auch, dass die bisherige Aufstellung eines Unternehmens ein Grund für die wirtschaftliche Schieflage war und ist. So war es auch bei der Haas-Gruppe, bei der mit der Aufteilung in zwei selbstständige Einheiten eine Zukunftsperspektive für die beiden Standorte und die Belegschaft geschaffen wurde. Ein entscheidender Erfolgsfaktor war dabei die zielgerichtete Zusammenarbeit zwischen dem Insolvenzverwalter und den M&A-Beratern, bei der auch der Faktor Zeit eine wichtige Rolle gespielt hat. Dies ist der fünfte Teil unserer Serie „Erfolgsfaktor Sanierung“. Entweder wir finden einen Weg oder wir schaffen einen – mit diesem Motto ist die Haas-Gruppe seit 50 Jahren im Markt für die Reinigung oder Sanierung von Rohren und Kanälen tätig. Dr. Markus Schuster von Schultze & Braun hat Anfang Mai 2025 zusammen mit zwei Investoren einen wirtschaftlichen und rechtlichen Weg gefunden, auf dem die beiden Standorte und die Beschäftigten der Haas-Gruppe in die Zukunft gehen können. Damit ist die Neuaufstellung des 1975 gegründeten Spezialisten für die Reinigung oder Sanierung von Rohren und Kanälen nur rund drei Monate nach dem Insolvenzantrag erfolgSER I E

reich abgeschlossen. „Bei einem insolventen Unternehmen ist es ähnlich wie bei einem Kanal, der saniert werden muss. Bei beiden ist es maßgeblich, so schnell wie möglich zu sein. Bei einem nicht sanierten Kanal müssen die undichten Stellen gefunden und abgedichtet werden. Bei einem Unternehmen sind die undichten Stellen die wirtschaftlichen Verlustquellen, die abgestellt werden müssen, damit das Unternehmen zusammen mit Investoren eine Zukunftsperspektive haben kann“, ordnet Schuster das Vorgehen ein. Aus eins mach zwei „Es freut mich sehr, dass es uns mit der jetzt gefundenen Lösung gelungen ist, fast alle Arbeitsplätze und die beiden Standorte zu erhalten. Die Lösung, die sich mit den Worten ‚Aus eins mach zwei’ kurz zusammenfassen lässt, ist aber auch für die Kunden von Vorteil, da der Geschäftsbetrieb an beiden Standorten nahtlos übernommen und fortgeführt wird“, erläutert Schuster, der am Stuttgarter Standort der bundesweit vertretenen Kanzlei tätig ist. Die Lösung sieht eine Fortführung der Standorte Remseck (bei Stuttgart) und Chemnitz durch zwei eigenständige Unternehmen aus den jeweiligen Regionen vor: Standort Remseck: Der ehemalige Betriebsleiter am Standort Remseck übernimmt den Geschäftsbetrieb mit einer neuen Gesellschaft. Die Geschäftstätigkeit wird am Standort mit 28 der bislang rund 35 Mitarbeitenden fortgeführt. „Ich kenne die Kolleginnen und Kollegen seit vielen Jahren und bin von ihren Fähigkeiten und ihrer Expertise absolut überzeugt. Gemeinsam werden wir dafür sorgen, dass es auch künftig einen Markt für die Reinigung und die Sanierung von Rohren und Kanälen gibt – in Stuttgart und Baden-Württemberg, aber auch über die Landesgrenzen hinaus“, sagt Eric Windsch, der Geschäftsführer der neuen Haas Rohr- und Kanalmanagement GmbH. Standort Chemnitz: Der Geschäftsbetrieb am Standort Chemnitz wird von der KURT Kanal- und Rohrtechnik GmbH übernommen, die bereits über zwanzig Jahre Erfahrung in den Verfahren für grabenlose Kanal- und Rohrleitungserneuerung hat. Am Standort in Chemnitz werden alle Mitarbeiter übernommen. „Die Übernahme des Standorts und der hochqualifizierten Mitarbeitenden ist eine Weiterentwicklung unseres Geschäfts. Wir können unseren Kunden nun ein noch breiteres Leistungsspektrum anbieten als bisher. Zugleich freuen wir uns über die neuen Kolleginnen, die unser Unternehmen ohne Zweifel bereichern werden“, sagt David Schüppel, der Geschäftsführer von KURT Kanal- und Rohrtechnik. Während des gesamten Verfahrens und der Arbeit an der Neuaufstellung haben Schuster und die Geschäftsleitung der Haas-Gruppe den Betrieb an den beiden Standorten uneingeschränkt fortgeführt. „Indem wir den Kunden gezeigt haben, dass alle Aufträge wie geplant bearbeitet wurden und wir bei der Qualität, Präzision und Zuverlässigkeit unserer Im vorangehenden Teil der Serie „Erfolgsfaktor Sanierung“ stehen der Online-Möbelhändler Magnolia Home und die zielgerichtete Zusammenarbeit zwischen dem damaligen CFO und dem rechtlichen Berater, aber auch mit dem Insolvenzverwalter bei der Sanierung im Fokus.

Arbeit keine Abstriche machen, konnten wir sie davon überzeugen, uns die Treue zu halten. Gleichzeitig haben der laufende Geschäftsbetrieb und die Aufträge, die wir auch im laufenden Verfahren erhalten haben, auch die Übernehmer der beiden Standorte vom Potential überzeugt“, sagt Schuster. Die Stärken eines Insolvenzverfahrens „Die Neuaufstellung der Haas-Gruppe ist ein gutes Beispiel für die Stärken, die ein Insolvenzverfahren haben kann. Wir haben im Verfahren die internen Strukturen gezielt angepasst, das Geschäftsmodell eingehend analysiert und daraus das weitere Vorgehen abgeleitet. Es hat sich gezeigt, dass das Unternehmen in der bisherigen Aufstellung mit den beiden Standorten unter einem Dach wirtschaftlich an und über seine Grenzen gekommen war“, sagt Schuster. „Mit der Aufteilung in zwei selbstständige Einheiten haben wir nun eine Zukunftsperspektive für die beiden Standorte geschaffen und konnten mehr als 85 Prozent der Arbeitsplätze erhalten – ein Ergebnis, über das wir uns sehr freuen. Hinzu kommt, dass wir die Neuaufstellung in nur knapp drei Monaten umsetzen konnten. Das wäre ohne die Instrumente des Insolvenz- und Sanierungsrechts, die Vorarbeit der Geschäftsleitung und den unermüdlichen Einsatz aller Beteiligter nicht möglich gewesen.“ Den Investorenprozess hat ein Team um Philippe Piscol und Ferdinand von Schrottenberg vom renommierten Beratungsunternehmen Dr. Wieselhuber & Partner geleitet und umgesetzt. „Es ist schön zu sehen, dass trotz des herausfordernden Marktumfelds die Transaktion innerhalb weniger Wochen erfolgreich abgeschlossen werden konnte“, so Piscol und von Schrottenberg. Bei der Investorensuche spielte neben der Neuaufstellung des bisherigen Unternehmens – eigentlich waren es ja zwei Investorenprozesse, die parallel abgelaufen sind – auch der Zeitfaktor eine wichtige Rolle. „Gerade im Insolvenzkontext kommt es darauf an, in kürzester Zeit wirtschaftliche Transparenz herzustellen, Verluste konsequent zu begrenzen und Investoren strukturiert sowie zielgerichtet anzusprechen. Das funktioniert nur über transparente Kommunikation und eine enge Abstimmung mit allen Verfahrensbeteiligten“, fassen Piscol und von Schrottenberg die erfolgreiche Zusammenarbeit von M&A-Berater und Insolvenzverwalter zusammen. Für eine Vielzahl an Kunden aus dem Privatbereich, der Wirtschaft und der öffentlichen Hand tätig Die Gründe, die die Neuaufstellung der Gruppe notwendig gemacht haben, waren eine Kombination aus den wirtschaftlichen Folgewirkungen der Corona-Pandemie sowie der Preissteigerungen und Umsatzrückgänge in Folge der geopolitischen Verwerfungen. Das Unternehmen ist für eine Vielzahl an Kunden aus dem Privatbereich, der Wirtschaft und der öffentlichen Hand tätig. Als sich abzeichnete, dass die anhaltenden Umsatzrückgänge auch durch die Gewinnung von Neukunden nicht mehr ausgeglichen werden konnten, hatte die Geschäftsleitung damit begonnen, die Kapazitäten und Prozesse an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Dieser Angang wurde Anfang Mai im Insolvenzverfahren fortgesetzt und zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht – getreu dem Motto: Entweder wir finden einen Weg oder wir schaffen einen. SER I E

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